Das Landgericht Berlin hat einen ehemaligen Stasi-Mitarbeiter wegen Mordes zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Strafkammer sah es als erwiesen an, dass der heute 80-Jährige 1974 einen polnischen Staatsbürger am Grenzübergang Friedrichstraße auf Weisung seines Vorgesetzten erschoss, teilte das Gericht im Anschluss an die Urteilsverkündung am Montag mit. Der Mann aus Polen habe zuvor versucht, mit einer Bombenattrappe seine Ausreise aus der DDR zu erzwingen. (AZ: 529 Ks 7/23)
Zum Schein sei das DDR-Ministerium für Staatssicherheit auf die Forderung des später Getöteten eingegangen, habe ihn mit Ausreisepapieren ausgestattet und ihn zum Grenzübergang Friedrichstraße gefahren, hieß es. Dort habe er zunächst zwei von drei Kontrollstellen unbehelligt passiert. Als er die dritte Kontrollstelle durchschritten habe, habe der Angeklagte ihm von hinten in den Rücken geschossen. Der Schwerverletzte sei im Haftkrankenhaus Hohenschönhausen während einer Notoperation seinen Verletzungen erlegen.
Die Kammer begründete ihren Schuldspruch wegen Mordes damit, dass der Angeklagte heimtückisch gehandelt habe. Das Opfer war demnach arglos, als es erschossen wurde. Der Mann habe nicht mehr mit dem Eingreifen der Grenztruppen gerechnet, da die Behörden aus seiner Sicht auf seine Forderungen eingegangen waren. Den Angeklagten habe er nicht wahrgenommen.
Der Stasi-Mitarbeiter sei sich dessen bewusst gewesen. Er habe sich planmäßig hinter einer Sichtblende versteckt, um die Arglosigkeit des Mannes auszunutzen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann Revision dagegen eingelegt werden.