Artikel teilen:

EU-Drogenbericht warnt vor neuen Risiken – Prävention verlangt

Drogencocktails, falsche Inhaltsangaben, härtere Substanzen: Für Drogenkonsumenten steigen laut einem EU-Bericht die Gesundheitsrisiken. Der Einbruch der Opium-Produktion in Afghanistan könnte noch Schlimmeres nach sich ziehen.

Veränderte Konsumgewohnheiten und stärkere Wirkstoffe setzen Drogenkonsumenten neuen Gefahren aus. Das geht aus dem aktuellen Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht hervor, der am Dienstag in Lissabon vorgestellt wurde. Heute würden oft zwei oder mehr Drogen gleichzeitig oder nacheinander eingenommen. Das erhöhe die Gesundheitsrisiken und könne ärztliche Hilfe bei Überdosierungen erschweren. Möglicherweise wüssten die Betreffenden nicht einmal, was sie zu sich nehmen. Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, forderte mehr Prävention vor allem an den Schulen.

Besorgt äußert sich der Bericht über hochwirksame synthetische Opioide, die gelegentlich falsch deklariert oder mit anderen Drogen versetzt seien. Verstärkt tauchten auf dem europäischen Drogenmarkt Nitazene auf, die um ein Vielfaches potenter sind als herkömmliche Opioide. Mittel dieser Gruppe werden demnach mit einem starken Anstieg von Todesfällen in Estland und Lettland sowie mit lokalen Häufungen von Vergiftungen in Frankreich und Irland in Zusammenhang gebracht.

Nach UN-Schätzungen, die der Bericht zitiert, erlebte der illegale Opiumanbau in Afghanistan unter den strengreligiösen Taliban im vergangenen Jahr einen Einbruch um 95 Prozent. Es bestehe die Sorge, dass eine künftige Heroinknappheit durch stärkere künstliche Substanzen ausgeglichen werden könnte – mit erheblichen negativen Folgen für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit.

Auch Kokain spielt den Angaben zufolge eine große Rolle auf dem europäischen Markt: 2022 sei mit 323 Tonnen das sechste Jahr in Folge eine neue Rekordmenge beschlagnahmt worden. Vergangenes Jahr wurden allein im Hafen von Antwerpen 116 Tonnen sichergestellt. Kokain ist laut dem Bericht das am häufigsten konsumierte illegale Aufputschmittel in der EU: Unter 1.000 Einwohnern im Alter von 15 bis 64 Jahre nahmen vergangenes Jahr etwa 14 diese Droge ein.

Der Bundesdrogenbeauftragte Blienert sprach sich neben dem Kampf gegen organisierte Drogenkriminalität für weitere Maßnahmen aus, um die Nachfrage nach riskanten Drogen zu senken. Dringend nötig sei “eine noch flächendeckendere und wirkungsvollere Prävention gerade in den Schulen”, erklärte Blienert in Berlin. Dort, wo Drogen bereits konsumiert würden, brauche es Aufklärung über die Risiken des Mischkonsums und niedrigschwellige Beratungs- und Hilfsangebote.

“Auch wenn das Ganze erst einmal Geld kostet, führt nichts daran vorbei, unser Präventions- und Hilfesystem jetzt fit zu machen für die Herausforderungen der kommenden Jahre”, sagte Blienert. “Am Ende rentiert sich gute Prävention und Suchthilfe immer.” Der Bericht der EU-Behörde zeige auch, wie nötig Drogen-Monitoring sei und “wie sehr wir in Europa gemeinsame Antworten brauchen.”