Artikel teilen:

Ethiker Andreas Lob-Hüdepohl gegen Reform des Abtreibungsrechts

Die Bundesregierung erwägt eine Neuregelung der Abtreibungsgesetzgebung. Sozialethiker Lob-Hüdepohl warnt vor einem solchen Schritt – und befürchtet negative Folge für Frauen.

Der katholische Theologe und Sozialethiker Andreas Lob-Hüdepohl warnt vor einem Aufschnüren des geltenden deutschen Abtreibungsrechts. “Wenn mühsam gefundene politische und gesellschaftliche Kompromisse in dieser Frage aufgekündigt werden, wird darunter nicht nur das ungeborene Leben zu leiden haben, sondern am Ende auch Frauen selbst”, sagte er der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (Freitag).

Fragen der menschlichen Fortpflanzung seien in der Geschichte immer wieder dazu missbraucht worden, Frauen bestimmte Rollen zuzuweisen, so das Mitglied des Deutschen Ethikrats. Die bisherige Regelung in Deutschland, dass Schwangerschaftsabbrüche innerhalb der ersten zwölf Wochen zwar illegal, aber straffrei sind, sei ein “sinnvoller Ausgleich zwischen dem Lebensrecht des Kindes und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau”, der nicht zunichtegemacht werden sollte.

“In der Gesellschaft sind die Grundannahmen der bisherigen Kompromissregelung brüchig geworden”, so Lob-Hüdepohl. “Wer Embryonen nur für einen Zellverband hält, der kann kein Verständnis dafür haben, dass das Recht des Embryos auf Schutz moralisch genauso schwer wiegen könnte wie das Recht der Frau auf Selbstbestimmung. Der kann kein moralisches Dilemma sehen.”

Auch in den modernen Humanwissenschaften gebe es immer lautere Stimmen, die den Beginn menschlichen Lebens nicht bereits für die Verschmelzung von Ei- und Samenzelle ansetzten, sondern erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt. “Selbst in den großen Weltreligionen gibt es unterschiedliche Auffassungen. Und auch die UN-Kinderrechtskonvention kennt keine pränatalen Kinderrechte”, gab der Theologe zu bedenken.

Nach Paragraf 218 im Strafgesetzbuch ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland rechtswidrig. Er bleibt aber bis zur zwölften Schwangerschaftswoche straffrei, wenn es zuvor eine Beratung gab und ein Beratungsschein ausgestellt wurde. Zwischen Beratung und Abtreibung müssen mindestens drei Tage vergehen. Eine Expertenkommission der Bundesregierung soll am Montag eine Stellungnahme zu der Thematik vorlegen. Laut Medienberichten wird das Gremium eine Liberalisierung der Gesetzeslage empfehlen.