UK 7/2016 Wasserkrise (Seite 4: „Durst (nicht nur) nach Wasser“)
Es ist natürlich immer schwierig, die Wahrheit dessen nachzuprüfen, was von Nachrichtenagenturen geliefert wird, und überaus misslich ist, dass Sie die Prügel für die falschen Informationen beziehen, die Sie in gutem Glauben weitergegeben haben.
Der Artikel über die angebliche Wasserkrise in den Palästinensergebieten ist ein wunderbares Beispiel für dieses Dilemma. Da ist von „Wasserkrise“ die Rede, „schrecklichem Leiden“ und dem Fehlen angemessener Sanitärversorgung. Das ist aber auch schon alles, was geboten wird: Behauptungen bar jeder Unterfütterung mit Fakten.
Darum möchte ich mir erlauben, diese Fakten nachzuliefern. In den beiden Osloer Abkommen, die 1994 und 1995 zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde geschlossen wurden, hat Israel die Wasserrechte der Palästinenser anerkannt und beide Seiten waren einig, dass die Palästinenser bis zu 200 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr benötigen würden.
Im Jahr 2006 wurde eine Gesamtmenge von 178 Millionen Kubikmetern erreicht; im März 2010 waren 641 von 708 palästinensischen Ortschaften an das Wassernetz angeschlossen, 2015 haben 98,5 Prozent der Palästinenser im Westjordanland einen Wasseranschluss.
Nach den letzten erreichbaren Zahlen verbrauchten die Israelis (und da sind die „palästinensischen“ Bewohner Ostjerusalems und die 150 000 Palästinenser, die im Rahmen von Heirat und Familienzusammenführung nach Israel eingewandert sind, enthalten) 230 Liter Trinkwasser pro Tag, die Palästinenser in den Gebieten, die von der Autonomiebehörde verwaltet werden, 159 Liter.
Hinzu kommt, dass die Palästinenser über fast keine Anlagen zur Reinigung des Abwassers verfügen. Die Menge des Abwassers liegt gegenwärtig bei circa 52 Millionen Kubikmetern pro Jahr; davon werden vier Millionen in palästinensischen und 14 Millionen in israelischen Kläranlagen wiederaufbereitet. Die restlichen 34 Millionen Kubikmeter, also fast zwei Drittel, fließen ungeklärt in die vielen Wasserläufe ab und sind eine massive Belastung für das Grundwasser, die Brunnen und die Umwelt – in Israel wie in den palästinensischen Gebieten. Und weil Abwasser kaum geklärt wird, muss zur Bewässerung in der Landwirtschaft Frischwasser verwendet werden. Israel hingegen bereitet ca 75 Prozent seines Abwassers wieder auf, in erster Linie zur Bewässerung in der Landwirtschaft.
Anzufügen wäre noch, dass sowohl die Weltbank wie auch Japan, die USA und Deutschland ihre Bereitschaft erklärt haben, erhebliche Mittel für den Bau von Kläranlagen bereitzustellen. Diese Mittel werden aber nicht angefordert.
Rolf Kahle-Flemming, Bad Sassendorf
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