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Erster schwarzer Superstar – Vor 50 Jahren starb Josephine Baker

Sie eroberte singend und tanzend ein Weltpublikum. Aber sie nutzte ihre Popularität auch, um für Freiheit und Gleichberechtigung zu werben – unabhängig von Hautfarbe, Religion, Nationalität oder sexueller Orientierung.

Variete-Shows und verruchte Nachtclubs. Wer den Namen Josephine Baker (1906-1975) hört, denkt schnell an die hyper­bewegliche Tänzerin, die sich in den 1920er Jahren als “Wilde im Bananenrock” inszenierte. Doch die US-amerikanische Sängerin, Tänzerin und Revueleiterin war mehr als ein Glamour-Girl. Sie war der erste afro-amerikanische Weltstar, eine Kämpferin für Freiheit, Menschenrechte und Gleichberechtigung. Sie kämpfte gegen Rassismus und Verfolgung wegen sexueller Orientierung. Am 12. April 1975, vor 50 Jahren, starb sie in Paris.

Baker war 1906 als Freda Josephine McDonald in St. Louis in einem armen Schwarzenviertel als uneheliches Kind einer schwarzen Waschfrau und eines jüdischen Schlagzeugers auf die Welt gekommen; der Vater machte sich bald nach der Geburt aus dem Staub. Schon mit acht Jahren musste sie als Dienstmädchen arbeiten, erlebte mit elf einen der schlimmsten Pogrome gegen Schwarze in der US-Geschichte und wurde mit 13 Jahren zwangsverheiratet.

Der Armut entkam sie dank ihres Showtalents. Nach Auftritten in kleinen Clubs am New Yorker Broadway ging sie 1925 als Mitglied der Kompanie La Revue Negre nach Paris, wo sie mit ihren wild-exotischen Bühnenauftritten ihr Publikum sowie die Kunst- und Literatenszene begeisterte.

1926 war Bakers Gastspiel in Berlin ein triumphaler Erfolg: Die Hauptstadt verfiel in kollektive Schnappatmung, als sie am Kurfürstendamm gastierte. Ganz neue Körpererfahrungen für die als steif verschrieenen Deutschen. In der Berliner Presse wurde Baker als biegsames und exotisches Tierchen stilisiert, das koloniale Sehnsüchte nach Sinnlichkeit und Sex, nach Urwald und Exotik zu bedienen schien. “So müssen die Tänzerinnen Salomos und Tut-ench-Amuns getanzt haben” notierte Harry Graf Kessler. Baker selbst überlegte gar, nach Berlin überzusiedeln. “Berlin, das ist schon toll! Ein Triumphzug. Man trägt mich auf Händen”, schrieb sie in ihr Tagebuch.

Als Baker 1929 zum zweiten Mal in die deutsche Hauptstadt kam, hatte sich der Wind gedreht. Immer wieder kam es zu rassistischen Anfeindungen und Störversuchen. Nazi-Blätter diffamierten die Showdiva als “Halbaffen”, Störtrupps der SA sprengten Vorstellungen. Beim Gastspiel in Wien 1928 mobilisierten kulturkonservative Kreise. Die Glocken der Paulanerkirche läuteten, um vor dem “schwarzen Teufel” zu warnen. In Budapest flogen Stinkbomben ins Publikum; in Zagreb warfen ihre Gegner Knallkörper.

Nach dem deutschen Einmarsch in Frankreich 1940 wurde es für Baker in Paris zu gefährlich. Bis Kriegsende lebte sie in Französisch-Afrika, trat als Unterhalterin für US-Streitkräfte auf und legte Tausende Kilometer als Truppenunterhalterin in einem Militärjeep zurück. Dort setzte sie erstmals durch, dass alle Soldaten unabhängig von ihrer Hautfarbe gemeinsam im Publikum saßen. Zugleich engagierte sich Baker in der Resistance, dem französischen Widerstand. Dafür wurde sie nach 1945 von Charles de Gaulle ausgezeichnet.

Ab 1948 wurden auch ihre Auftritte in den USA Protestkundgebungen gegen Rassismus und Ungerechtigkeit: Als erste Künstlerin bestand sie auf der Aufhebung der Rassentrennung bei ihren Konzerten. Die Einladung Martin Luther Kings, 1963 beim Marsch auf Washington zu sprechen, bezeichnete sie selbst als Höhepunkt ihres Kampfes gegen Rassismus.

Schon früh begann die in Frankreich lebende Baker, große Wohltätigkeitsveranstaltungen zu organisieren. Sie spendete Honorare und adoptierte zwölf Kinder aus zwölf Nationen, um der Welt zu zeigen, dass ein friedliches Miteinander unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und kulturellem Hintergrund möglich sei. 1969 war sie zahlungsunfähig und verlor ihren Wohnsitz, das Schloss Les Milandes an der südfranzösischen Dordogne. Unterstützt von Fürstin Gracia Patricia, wohnte sie nun in Monaco.

1975 ging sie ein letztes Mal auf Tournee: In Paris feierte Baker ihr Bühnenjubiläum – und erlag wenige Tage später einem Schlaganfall. Sie wurde mit einem Trauerzug in Paris geehrt, dem 20.000 Menschen folgten. Am 30. November 2021 wurde sie als sechste Frau und erste Schwarze überhaupt ins Pantheon aufgenommen, letzte Ruhestätte großer Französinnen und Franzosen.