An der Frage nach einem Geiselabkommen scheiden sich in Israel die Geister. Die extreme Rechte warnt davor, Opposition, Angehörige und die USA mahnen zu rascher Einigung.
Die Bergung von sechs in Hamasgefangenschaft ermordeten israelischen Geiseln hat am Dienstag die politische Debatte um Verhandlungen zu einem Geiselabkommen erneut entfacht. Die verbliebenen Geiseln sollten nur durch “intensiven militärischen Druck” zurückgebracht werden, nicht durch “rücksichtslose Deals”, betonte der Minister für nationale Sicherheit, der Rechtsradikale Itamar Ben-Gvir (Jüdische Stärke) auf der Plattform “X”.
Oppositionsführer Jair Lapid (Jesch Atid) hingegen forderte auf “X” eine sofortige Einigung. “Die Tage vergehen, und wir verlieren weitere Geiseln”, so Lapid, der den Angehörigen der tot geborgenen Geiseln sein Beileid aussprach. Israel müsse jetzt ein Abkommen abschließen.
Die Zeit für ein Geiselabkommen sei seit Monaten reif, sagte auch der frühere Generalstabschef Gadi Eisenkot. Die Leiter der verschiedenen Sicherheitskräfte hätten sich bereits vor drei Monaten entsprechend geäußert, sagte er Medienberichten zufolge. Die Zeit der Geiseln werde knapp. Zwar sei Hamasführer Sinwar der Hauptschuldige, “aber die Verantwortung, sie zurückzubringen, liegt bei der israelischen Führung”, so Eisenkot.
Ein Geiseldeal werde zu mehr Entführungen und Ermordungen führen, warnte dagegen Ben-Gvir. Er forderte die Einstellung von “humanitärer Hilfe für den Terrorismus” sowie von Treibstofflieferungen für Gaza.
Ähnlich äußerte sich der rechtsradikale Finanzminister Bezalel Smotrich (Religiöser Zionismus). Israel sei verpflichtet, den Krieg “mit einem vollständigen Sieg und der Zerstörung der Hamas und der Rückkehr aller Geiseln” zu beenden, schrieb er auf “X”.
Angehörige warfen der israelischen Regierung vor, die Geiseln dem eigenen politischen Überleben zu opfern.
Für ein Abkommen und einen Waffenstillstand sprach sich laut Berichten auch US-Außenminister Antony Blinken aus. Bei einem Treffen mit Israels Präsident Isaac Herzog warnte er am Montag in Tel Aviv, die gegenwärtigen Verhandlungen seien vermutlich die “letzte Gelegenheit”, um die Geiseln zu befreien. Er rief Hamas dazu auf, es Netanjahu gleich zu tun, und dem in Doha von den USA vorgelegten Kompromissvorschlag zuzustimmen.
Israel wirft der Hamas laut Berichten die Verantwortung für das bisherige Scheitern der Verhandlungen vor. Hamas wiederum wirft Israel vor, neue Bedingungen in den Entwurf eingebracht zu haben, nachdem die Hamas zunächst Zustimmung signalisiert habe.