Nach einem Brandanschlag auf den jüdischen Teil des Zentralfriedhofs in Wien warnt der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit vor einer Verharmlosung antisemitischer Straftaten. Zu oft würden solche Schändungen von Friedhöfen nur als “Sachschäden” bagatellisiert, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme. “Wo führt das hin? 167 antisemitische Vorfälle in Österreich seit dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 sind keine Einzelfälle oder Bagatellen”, warnte das Gremium für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Österreich. Man sei entsetzt über den Anschlag und “um die Möglichkeit angstfreier Religionsausübung sehr besorgt”.
Der Friedhof gelte allen Religionen als heiliger Ort, die Störung der Totenruhe sei zivilgesellschaftlich tabu und rechtlich strafbar, so der Ausschuss weiter. Es brauche einen zivilgesellschaftlichen Schulterschluss bei der Erkenntnis, “dass Judenhass und Judenfeindschaft jede Gesellschaft in ihren Wurzeln zerstören und daher keinen Platz haben dürfen”.
Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch, berichtete am Mittwoch auf der Plattform X, in der Nacht sei der Vorraum der Zeremonienhalle des jüdischen Friedhofs ausgebrannt, an Außenmauern seien Hakenkreuze gesprayt worden. Personen wurden demnach nicht verletzt. Es gebe erheblichen Sachschaden.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verurteilte den Anschlag via X: “Antisemitismus hat keinen Platz in unserer Gesellschaft und wird mit allen politischen und rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft.”
Die Israelitische Kultusgemeinde lud für diesen Donnerstag um 18 Uhr zu einer Kundgebung am Wiener Heldenplatz ein als Zeichen “gegen Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit, für ein Ende der Angriffe auf Israel, das Judentum und die Demokratie, für die Befreiung aller Geiseln”. Das Lichtermeer an diesem Abend und der kommende 9. November stünden unter dem Schock des 7. Oktober, erklärte der christlich-jüdische Koordinierungsausschuss. “Sie sind ein Weckruf, im betroffenen Gedenken aus der Vergangenheit zu lernen, was heute zu tun ist, was jede und jeder tun kann und muss.”