Brüssel – Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sieht das Friedensprojekt Europas bedroht. Die Europäische Union stehe „am Scheideweg“, erklärte der Rat der EKD in Brüssel. Die freiheitlichen, sozialen, wirtschaftlichen und moralischen Errungenschaften Europas würden durch Populisten, Extremisten und den schwindenden Rückhalt in den Mitgliedsstaaten gefährdet.
„Auch das Wachsen sozialer Ungleichheiten und Spannungen und die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich schaffen Enttäuschungen und gefährden den Zusammenhalt in Europa“, heißt es in dem einstimmig verabschiedeten Papier des in Brüssel tagenden EKD-Rates. „Europa muss als Wertegemeinschaft deutlich erkennbar bleiben, seine sozialen Konturen schärfen und der Jugend eine Perspektive geben.“
In der Erklärung spricht sich der Rat der EKD erneut für sichere und legale Wege für Schutzsuchende und Migranten in die Europäische Union aus. „Opfer von Gewalt und Terror an Grenzzäunen mit Waffengewalt abzuwehren oder im Mittelmeer ertrinken zu lassen, beschädigt die Seele Europas.“ Notwendig sei die Einrichtung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems mit einheitlich hohen Schutzstandards.
Die EKD befürchtet, dass die Umsetzung des EU-Türkei-Pakts zur Flüchtlingskrise rechtsstaatlichen Standards nicht genügen könnte. Er habe die Sorge zum Ausdruck gebracht, dass „die Ausstattung in Griechenland nicht ausreicht, um mit den Flüchtlingen wirklich so umzugehen, wie es das Recht erfordert“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm nach einem Gespräch mit EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmerman.
Ob das am 18. März zwischen der EU und der Türkei geschlossene Abkommen legitim sei, hänge aber auch davon ab, ob genügend Menschen legal in die EU einreisen dürften. Dazu müssten aus seiner Sicht „Kontingente in größerer Zahl geschaffen werden, die den Menschen ermöglichen, ohne ihr Leben zu riskieren, nach Europa zu kommen“, sagte Bedford-Strohm. „Bisher ist davon nichts zu sehen.“ Die Präses der EKD-Synode Irmgard Schwaetzer sprach in Brüssel von „fragwürdigen Verträgen“, die nur „schwer erträglich“ seien. Generell forderte sie in der EU mehr Solidarität, insbesondere mit Griechenland und Italien.
Anlässlich der Brüsseler Gespräche gedachten die Kirchenvertreter der Opfer der Terroranschläge vom vergangenen Monat. Bedford-Strohm und Schwaetzer legten nach einer Andacht im Europaviertel an der U-Bahnstation Maelbeek Blumen nieder und stellten eine Kerze auf. Bei den Anschlägen auf die U-Bahn und den Brüsseler Flughafen am 22. März starben nach Behördenangaben 32 Menschen. epd/UK
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EKD sieht Europa am Scheideweg
EU-Flüchtlingspolitik der Europäischen Union Thema der Gespräche zwischen EKD-Rat und Spitzenpolitikern in Brüssel. EKD-Rat verabschiedet Erklärung. Gedenken an Terroropfer