Am 3. September 2022 beschloss die Bundesregierung: „Der Bund ist bereit, bei zusätzlichen Zahlungen der Unternehmen an ihre Beschäftigten einen Beitrag von bis zu 3000 Euro von der Steuer und den Sozialversicherungsabgaben zu befreien.“ Das war die Geburtsstunde der Inflationsausgleichsprämie, eine unverbindliche Kann-Lösung. Begründung: Durch diese zulässige Sonderzahlung sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entlastet werden, die mit stark gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreisen zu kämpfen haben.
Schon kurz nach der Verkündigung dieses Steuervorteils gaben viele öffentliche und private Unternehmen bekannt, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die 3000 Euro zu überweisen, entweder in mehreren Schritten oder in einer Summe. Die Metall- und Elektrobranche gehört dazu, Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie oder Autofirmen.
Die katholische Caritas überweist die Prämie, vereinzelte diakonische Unternehmen zahlen, andere wohl nicht. Auch den Versorgungsempfängern, also den Pensionären und Pensionärinnen der Evangelischen Kirche im Rheinland und der anderen Gliedkirchen der Union Evangelischer Kirchen (UEK) wird die Prämie ausgezahlt. Auch die Beschäftigten von Bund und Kommunen erhalten diesen steuerfreien Inflationsausgleich.
Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst bilden den Vergleich
Zurzeit finden die Tarifverhandlungen zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes der Länder statt. Anfang Dezember könnte ein Ergebnis verkündet werden, das sich vermutlich an das Ergebnis von Bund und Kommunen anlehnt. Damit wären auch die kirchlichen Arbeitgeber wieder im Boot, denn in Berlin, Brandenburg und der Schlesischen Oberlausitz orientieren sich die Löhne und Gehälter im kirchlichen Dienst an dem, was in den Länderbehörden Berlins und Brandenburgs bezahlt wird.
Die Besoldung der Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) orientiert sich an der allgemeinen Beamtenbesoldung des Bundes. Pfarrerinnen und Pfarrer werden in der EKBO nach A 13 wie Studienräte bezahlt – zwischen rund 4200 und 5400 Euro brutto monatlich –, in anderen Landeskirchen nach A 14. Die „Pfarrvertretung“ der EKBO repräsentiert die Interessen der 862 Pfarrerinnen und Pfarrer zwischen Prenzlau und Görlitz, Perleberg und Cottbus.
Dazu gehört Susanne Seehaus. Sie ist Pfarrerin der Emmaus-Kirchengemeinde in Berlin-Zehlendorf. In Vertretung vieler Berufskolleginnen und -kollegen fordert sie: „Zum Ausgleich von inflationsbedingten Belastungen der Jahre 2022 und 2023 sollen Pfarrerinnen und Pfarrer sowie ordinierte Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis im Jahre 2023 eine einmalige Inflationsausgleichszahlung in Höhe von 3000 Euro erhalten.“
Pfarrvertretung hat kein Antragsrecht
Leider sei es ihr nicht möglich, so Susanne Seehaus, diese Forderung der aktiven Pfarrerinnen und Pfarrer vor der Synode selbst vorzutragen, die vom 22. bis zum 25. November tagt. Die Pfarrvertretung habe kein Antragsrecht. Und der Wunsch, vor den Synodalen zu sprechen, sei aus Termingründen abgelehnt worden. Antragsrecht haben freilich Kirchengemeinden, deshalb haben Seehaus und Kollegen sechs Kirchengemeinden aus Stadt und Land gewonnen, um ihren Antrag auf Inflationsausgleichsprämie einzubringen, vorzutragen und zu begründen. Sie argumentieren zunächst formal: Die Einmalzahlung einer Inflationsausgleichsprämie habe nichts mit den ansonsten gültigen Bestimmungen über Sonderzahlungen für Pfarrerinnen und Pfarrer zu tun. „Hier geht es nicht um eine klassische Sonderzahlung, etwa Weihnachtsgeld, sondern um eine Ausgleichszahlung für einen real erlittenen Kaufkraftverlust der gezahlten Besoldung“, sagt Seehaus.
Eine Inflationsausgleichprämie, wie sie auch der Staat an seine Beamtinnen und Beamten bezahlt, sei notwendig: „Im Jahr 2023 kam es zu deutlichen Steigerungen der Lebenshaltungskosten, die auch Pfarrpersonen trifft. Vor allem sind die Ausgaben für Heizung, Strom und sonstige Betriebskosten massiv angestiegen.“ Viele Pfarrhäuser seien energetisch schlecht saniert, weil alt und denkmalgeschützt. Pfarrpersonen, die in großen Flächengemeinden, etwa in Uckermark, Prignitz oder Lausitz auf ihre Autos angewiesen sind, sei mit der Fahrkostenpauschale von 0,30 Euro pro Kilometer nicht gedient.
Haushaltsausschuss lehnt die Forderung ab
EKBO-Ordnungs- und Haushaltausschuss raten der Synode, den Antrag auf Inflationsausgleichsprämie abzulehnen. Begründung: 1. Es gilt der Grundsatz, dass haushaltswirksame Beschlüsse nicht außerhalb des Haushalts gefasst werden dürfen. 2. Bei der beabsichtigten Übernahme der Erhöhung der Bundesbesoldung von etwa 9 Prozent ab März 2024 ist keine Benachteiligung der öffentlich-rechtlichen Beschäftigten der EKBO im Vergleich zu den Angestellten zu erwarten. 3. Der Antrag spricht nur von Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen, vergisst aber die Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamten. Auf Nachfragen dazu hat der Ordnungs- und Haushaltsausschuss nicht reagiert.