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Feel-Good-Management gegen den medizinischen Fachkräfte-Mangel

In großen Unternehmen gibt es ein Feel-Good-Management – jetzt hält diese Idee Einzug in andere Bereiche. Ein Trierer Krankenhaus leistet sich neuerdings ein modernes Onboarding für Ärzte.

Modernes Onboarding für angehende Ärzte in Kliniken (Symbolbild)
Modernes Onboarding für angehende Ärzte in Kliniken (Symbolbild)Imago / imagebroker

55 Prozent aller Ärzte in Rheinland-Pfalz sind laut einer Statistik der Ärztekammer älter als 50 Jahre. Der Fachkräftemangel macht auch vor den Kliniken nicht halt. Ein Krankenhaus in Trier hat darauf reagiert und eine Onboarding-Expertin eingestellt, die jungen Medizinerinnen und Medizinern den Berufseinstieg erleichtern soll. Auf ihren Rat bauen medizinische Nachwuchskräfte in Trier: Tanja Bormann ist am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder die neue Feel-Good-Managerin, zu deutsch Wohlfühl-Organisatorin.

“Bevor wir diese Stelle hatten, war jeder Chefarzt selber dafür verantwortlich, Fachkräfte und ärztlichen Nachwuchs zu finden”, berichtet der Ärztliche Direktor Tim Piepho. Auch die Betreuung von Medizinstudenten und ausländischen Interessenten beanspruchte die klinischen Fachabteilungen, in denen hunderte Medizinerinnen und Mediziner arbeiten. Die neue Idee: Eine Person bündelt diese Suchen nach klinischem Fachpersonal.

Von A wie Arbeitskleidung bis W wie Wohnung

Tanja Bormann ist nun die Kontaktperson für alle Fälle. “Wir brauchen einen Menschen, der ansprechbar ist für angehende und junge Ärzte. Daher haben wir uns für die Stelle einer Feel-Good-Managerin entschieden”, blickt Piepho zurück. “Es geht darum, dass diese Kräfte hier im Krankenhaus glücklich sind und dann auch hier bleiben.” Mit weit mehr als 2.000 Beschäftigten zählt das Brüderkrankenhaus zu den großen Arbeitgebern in der ländlichen Trierer Region.

Auch der eigene Erfolg hat diese Neuorganisation nötig gemacht. In Trier wurde vor wenigen Jahren ein Medizincampus geschaffen, um ärztliches Personal in die Region zu holen. “Nicht wenige bleiben nach dem Studium hier. Das ist etwas, was wir uns 2019 so erhofft haben”, sagt Piepho. Damals haben das Land Rheinland-Pfalz, die Mainzer Uni-Klinik, die Stadt Trier und weitere Institutionen gemeinsam das neue Medizinstudium in Trier realisiert.

Ein Trierer Krankenhaus will mit Onboarding-Management angehende Ärzte für sich gewinnen
Ein Trierer Krankenhaus will mit Onboarding-Management angehende Ärzte für sich gewinnenImago / Pond5 Images

55 Prozent aller Ärzte in Rheinland-Pfalz sind laut Statistik älter als 50 Jahre. “Wenn die Ärztinnen und Ärzte in den kommenden Jahren in Rente gehen, wird sich besonders auf dem Land der Ärztemangel immer mehr bemerkbar machen”, teilt die Ärztekammer im April 2024 mit und vermeldet für die Krankenhäuser im Land rund 10.000 Ärzte.

Expertin für medizinisches Fachpersonal

Die aus Koblenz stammende Bormann kam 2023 neu ins Brüderkrankenhaus. Sie ist keine Ärztin, sondern hat zuvor lange Jahre in der Wirtschaft als Personalexpertin gearbeitet – in Handel, Hotellerie und Molkerei. In der Unternehmenswelt gibt es bereits länger ein Interesse am Feel-Good-Management; so haben die Industrie- und Handelskammern einen bundeseinheitlichen Zertifikatslehrgang aufgelegt.

Davon profitiert nun das Krankenhaus, das eine Einrichtung der Barmherzigen Brüder Trier gGmbH ist – ein Verbund aus Krankenhäusern und Sozialeinrichtungen. Im Jahre 1850 durch den selig gesprochenen Bruder Peter Friedhofen gegründet, bekennen sich die Barmherzigen Brüder von Maria-Hilf bis heute zum christlichen Auftrag der Nächstenliebe.

Auch Bormann liegt die konkrete Unterstützung junger Leute am Herzen. In ihrem ersten Jahr hat sie mehr als 100 Nachwuchskräfte begleitet. “Diese Zahl hat sich bereits immens gesteigert”, schildert Bormann. Die enge Betreuung von Famulanten, Hospitanten und Ärzten im Praxisjahr, Studenten aus dem In- und Ausland sowie der Promotionsvorhaben spreche sich herum.

Mehr persönliche Vier-Augen-Gespräche

Für die Aufgabe hat sie sich eingangs mit dem Medizinstudiengang und Prüfungsordnungen beschäftigt. Mit diesen Eindrücken ist sie unvoreingenommen auf die jungen Menschen im Krankenhaus zugegangen – und das Zugehen fängt für sie bereits beim Sichten der Bewerbungen an.

“Danach geht es etwa am ersten Tag darum: Wie ist das praktische Jahr im Krankenhaus organisiert? Wann und wo findet der Unterricht statt – wo findet man die Arbeitskleidung, oder welche Unterlagen werden noch benötigt?”, schildert sie. Auch ein Gang durch den Klinik-Komplex stehe am Anfang. Darüber hinaus führe sie zahlreiche persönliche Gespräche unter vier Augen, um Fragen zu klären. Bormann begleitet die Jung-Mediziner bis zu ihrem Staatsexamen und ist überzeugt: “Hier kennt man sich, hier grüßt man sich, hier kümmert man sich, und der Nachwuchs ist sehr froh, dass er so gut betreut wird.”