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Ein zweites Leben für Mixer, Kassettenrekorder und Co.

Trubel im Gemeindehaus der Mannheimer Friedenskirche: Zwischen Frauen und Männern, bei Kaffee und Kuchen, bringen einige Fahrräder, einen Tischgrill oder einen Gameboy. Beim Repaircafé der Evangelischen Kirche Mannheim wird repariert, was woanders in den Müll fliegt. „Sie können mitbringen, was Sie tragen können“, laute das Motto, sagt Fabian Müller dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Kirchenälteste leitet das Repaircafé der Christusgemeinde seit 2021. „Der praktische Aspekt hat mich angelacht“, erinnert er sich.

„Hands on“ heißt es denn auch am Tisch bei Helmut Neumann. „Das soll mal wieder ein Standmixer werden“, sagt der gelernte Fernmeldetechniker und zeigt eine Schraube, die er aus der Tiefe des Elektrogerätes herausholt. „Mit Allerweltswerkzeug kriegt man die nicht auf“, betont er.

Die Idee, alte Dinge nicht wegzuwerfen, sondern zu reparieren, kommt aus den Niederlanden. 2009 entstand in Amsterdam das erste Repaircafé. Die weltweit wachsende Bewegung zähle allein in Deutschland rund 1.200 Repaircafés, schreibt die Verbraucherzentrale auf ihrer Website. Im Sinne der Nachhaltigkeit und einem schonenden Umgang mit Ressourcen kommen Hobbyhandwerker zusammen, um defekte Geräte zu reparieren. Eine Konkurrenz zu kommerziellen Anbietern wollen die Repaircafés nicht sein: Die Reparatur ist – bis auf Ersatzteile – kostenlos und es besteht kein Anspruch auf Gewährleistung.

Das Risiko, dass eine Reparatur auch einmal nicht gelingt, ist der Besitzerin des kaputten Standmixers bewusst. Sie nimmt es gelassen in Kauf. Dennoch gilt im Repaircafé: „Es ist nichts so kaputt, dass man nichts mehr versuchen kann.“ Was auch auf den alten Radiokassettenrekorder am Nebentisch zutrifft. Heinz Gräber, der sich selbst als „Bastler“ vorstellt, schraubt das Teil auf und macht vorsichtshalber zuerst ein Foto vom Innenleben des Elektrogerätes. „Ich schraube gerne“, sagt Gräber. „Ich habe vom Repaircafé gelesen und dachte, das wäre was für mich.“

Vom 20-köpfigen Team des Repaircafés der Christusgemeinde helfen zehn, wie Neumann und Gräber, bei den Reparaturen. Ein klassischer Reparaturservice ist das Repaircafé nicht. „Wir ermutigen zum Mitmachen, es geht ums gemeinsame Werkeln“, betont Müller. Die Hilfe zur Selbsthilfe motiviert, erinnert sich Müller an eine besondere Begegnung. „Einmal kamen zwei Männer, sie hießen Patrick und Patrick, die spontan ihre Werkzeugkoffer von zu Hause holten und mithalfen“, berichtet er.

Ins Repaircafé darf jeder kommen, der etwas zu reparieren hat und etwas Zeit mitbringt. Ein Ehepaar aus Mannheim-Käfertal kommt schon zum dritten Mal. Es schätzt die Freundlichkeit und Kompetenz der Hobbybastler. „Viele Menschen wissen gar nichts von dem Angebot. Die Leute, die hier rausgehen, sind alle glücklich“, sagen sie. Manch einen führen „soziale Gründe“ ins Gemeindehaus, weil eine Neuanschaffung zu teuer ist. Für andere „Kunden“ sind die Gegenstände, die sie bringen, persönliche Erinnerungsstücke, Etwa die Stehlampe einer alten Damen, die aus ihrer Kindheit stammt.

Vieles, was scheinbar nicht mehr reparabel ist, erhält durch das Repaircafé ein zweites Leben. „Wir haben einen Elektroniker, der traut sich bis ans kleinste Bauteil ran“, sagt Müller. Er betont jedoch auch die Grenzen des Machbaren. Smartphones etwa oder komplexe Fahrradreparaturen übernimmt sein Team nicht. Im Mai findet das nächste Repaircafé in der Mannheimer Friedenskirche statt. Anschließend zieht es in die Christuskirche um.

Wer Informationen über ein Repaircafé in seiner Nähe sucht, wird unter https://www.repaircafe.org oder www.reparatur-initiativen.de fündig. (0762/04.04.2025)