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Ein Lachen, das alles überstrahlt

Denkt man an Liselotte Pulver, kommt einem spontan ihr vergnügtes Lachen in Erinnerung, aus Filmen wie „Das Wirtshaus im Spessart“ oder „Die Zürcher Verlobung“. Dieses Lachen ist Pulvers Markenzeichen. „Lilo“, wie ihre Fans sie nennen, war eine der beliebtesten Darstellerinnen im deutschen Kino der 50er und 60er Jahre. Und wer Ende der 70er, Anfang der 80er ein Kind war, kennt sie aus der Rahmenhandlung der „Sesamstraße“. Am 11. Oktober wird Liselotte Pulver 95 Jahre alt.

1929 kommt sie in Bern in der Schweiz zur Welt, in einer an Kunst interessierten Familie. Vater Fritz, ein Ingenieur, und Mutter Germaine Pulver konnten aber nur davon träumen, Maler und Opernsängerin zu werden. Liselotte macht zunächst etwas „Vernünftiges“, besucht die Handelsschule. Aber dann ist ihr klar: Sie will Schauspielerin werden. Sie nimmt Unterricht und steht bald auf der Bühne. Und hat 1949 ihre erste kleine Filmrolle in der Komödie „Ein Seemann ist kein Schneemann“.

Ein sicheres Gespür für Pulvers Talent zur Komik beweist der Regisseur Kurt Hoffmann, der sie in „Ich denke oft an Piroschka“ (1955) einsetzt, einer in Ungarn angesiedelten Liebeskomödie. Pulver ist ein Provinzmädchen, in das sich der Schriftsteller Andreas verliebt, gespielt von Gunnar Möller. Die Rolle der Piroschka bringt Lilo Pulver den Durchbruch. Zehn Filme drehen Hoffmann und Pulver miteinander, allesamt Komödien.

Als Schauspielerin hat sie ein gewisses Etwas, ist frech, einen Hauch verführerisch, dazu neugierig und engagiert. Und sie stattet ihre Figuren gern mit einem Hang zur Aufmüpfigkeit und Unordnung aus. Etwa in Alfred Weidenmanns Komödie „Ich und Du“ (1953). Hier zofft sie sich mit Hardy Krüger als Ehemann bis hin zum unvermeidlichen Happy End. In „Die Zürcher Verlobung“ (1957) von Helmut Käutner muss sie sich zwischen zwei damaligen Topstars entscheiden, Paul Hubschmid und Bernhard Wicki.

Pulver spielt oft Hosenrollen wie im „Wirtshaus im Spessart“ (1957), wo sie sich als Handwerksbursche verkleidet. Der Film ist so erfolgreich, dass zwei Fortsetzungen entstehen, 1960 „Das Spukschloss im Spessart“ und 1967 „Herrliche Zeiten im Spessart“. „Ich habe viele Hosenrollen gespielt. Weil ich eben so dünn war“, erzählte sie vor einigen Jahren der „Süddeutschen Zeitung“.

Ihre internationale Karriere beginnt mit anspruchsvollen Parts wie dem der jungen Elisabeth in Douglas Sirks „Zeit zu leben und Zeit zu sterben“ (1958), einer tragischen Liebesgeschichte während des Zweiten Weltkriegs in Berlin. 1965 beeindruckt Pulver in Jacques Rivettes Diderot-Verfilmung „Die Nonne“ als lesbische Oberin eines Klosters. Mit im Spiel war der Nouvelle-Vague-Star Anna Karina.

In Billy Wilders Kalter-Krieg-Satire „Eins, zwei, drei“ (1960) ist Pulver hinreißend als Karikatur einer blonden Sekretärin, „Fräulein Ingeborg“, die im schwarz-weiß gepunkteten Kleid barfuß auf einem Tisch tanzt. Der Film floppte zunächst, jetzt ist „Eins, zwei, drei“ ein Klassiker. „Bis heute einer meiner besten Filme. Obwohl ich nur eine Nebenrolle gespielt habe. Übertreiben, das habe ich einfach am liebsten. Aber das alles hab’ ich Wilder nur nachgespielt. Er hat immer alles vorgespielt“, erinnerte sich Pulver später.

In einer Hosenrolle glänzt sie auch in Rolf Hansens „Gustav Adolfs Page“ (1960). Mit ihr steht Helmut Schmid vor der Kamera, Schauspieler und Theaterregisseur. Es funkt zwischen beiden, sie heiraten, zwei Kinder werden geboren. Es beginnt eine zunächst glückliche, dann von Tragik begleitete Zeit.

1989 begeht Pulvers drogenabhängige Tochter Suizid. Drei Jahre später stirbt Helmut Schmid. Lilo Pulver verarbeitet die traumatischen Erfahrungen in ihrer Autobiografie „. . . wenn man trotzdem lacht. Tagebuch meines Lebens“ (1993) und in „Was vergeht, ist nicht verloren: Drehbuch meines Lebens“ (2019).

Ende der 60er Jahre verlagert sie ihre Aktivitäten auf Theater und Fernsehen, steht nur noch gelegentlich vor der Kamera, so 1969 neben Dieter Hallervorden in „Die Hochzeitsreise“ oder 1996 in Sönke Wortmanns „Das Superweib“.

Populär ist sie bis heute: 2011 bekam sie einen Stern auf dem Berliner „Boulevard der Stars“, 2018 einen „Bambi“ für ihr Lebenswerk. Die Schauspielerin lebt in einer Seniorenresidenz in Bern. Ihre Villa am Genfer See bewohnt ihr Sohn Marc-Tell mit seiner Familie.

Dass Liselotte Pulver auch aktuell noch gern witzelt, zeigte vor wenigen Wochen ihre Antwort auf die Frage des „Oberbayerischen Volksblatt“, ob es einen neuen Mann in ihrem Leben gäbe: „Nein, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Er müsste schön, reich und lustig sein.“