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Ein großer Ökumeniker

Er ist eine der großen Persönlichkeiten des Protestantismus der zurückliegenden Jahrzehnte. Am 14. September wird Manfred Kock 80 Jahre alt – und ist immer noch ein gefragter Ansprechpartner, Prediger und Referent

© epd-bild / Norbert Neetz

„Ich bin kein Alt-Präses“, pflegt Manfred Kock gern mit einem ver-schmitzten Lächeln zu sagen, „denn ich trinke Kölsch.“ Am 14. September wird der gebürtige Westfale 80 Jahre alt. Er ist Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband sowie des nordrhein-westfälischen Verdienstordens.
Vor allem aber ist er, der 1970 nach seinem Studium der Evangelischen Theologie in Bielefeld, Münster und Tübingen sowie seiner ersten Pfarrstelle in Recklinghausen als Jugendpfarrer des Evangelischen Stadtkirchenverbandes nach Köln kam und seitdem am Rhein fest verwurzelt ist, ein bescheidener Seelsorger geblieben.
Als sich vor einigen Jahren seine Frau Gisela, mit der er drei erwachsene Kinder hat, einer Fuß-Operation unterziehen musste, schob er sie ohne Aufhebens im Rollstuhl durch die Domstadt.
Eigentlich wollte sich Manfred Kock nach Jahren als Jugendseelsorger, als Superintendent und Stadtsuperintendent sowie in zahlreichen anderen kirchlichen Ämtern 1996 so langsam in den Ruhestand verabschieden. Da starb unverhofft sein Freund, Präses Peter Beier. Die Synode der rheinischen Landeskirche war im Januar 1997 überzeugt, dass nur Manfred Kock das schwere Amt der Nachfolge antreten könne. Im Herbst des gleichen Jahres war er turnusgemäß Gastgeber der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im kirchlich rheinischen Wetzlar, die einen Nachfolger für den EKD-Ratsvorsitzenden Klaus Engelhardt zu wählen hatte.
Aussichtsreichster Kandidat war der Berliner Bischof Wolfgang Huber. Doch unverhofft stimmten 116 von 137 Mitgliedern der Synode und der Kirchenkonferenz für Kock. Mit ihm wurde erstmals ein Rheinländer höchster Repräsentant der Protestanten. Kocks Vertreter im Amt des rheinischen Präses, Nikolaus Schneider, sollte ihm später dann auch im Amt des Ratsvorsitzenden folgen.
Mit Kock begann auch ein neues ökumenisches Kapitel. Denn ihn verband ein enges persönliches Verhältnis mit dem damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofs-konferenz, Bischof Karl Lehmann. Als dieser in Rom die Kardinalswürde empfing, war Präses Kock selbstverständlich als persönlicher Gast in den Vatikan geladen. Das tiefe persönliche Verhältnis der beiden höchsten Kirchenmänner des Landes entschärfte viele ökumenische Fragen, bevor diese zu einem Problem werden konnten.
Seine Predigt vor der Wahl zum Ratsvorsitzenden 1997 im Dom zu Wetzlar endete mit Worten, die auch heute noch von großer Aktualität sind: „Kirche ist heute wichtiger denn je. Es ist das Gebot der Stunde, dieser Kirche die Treue zu halten. Ja, es ist an der Zeit, dass Menschen zur Kirche zurückkehren. Gott schenke uns Augen und Ohren und Herzen für die Wahrheit.“
Manfred Kock, der zahlreiche Bücher veröffentlicht hat und dessen Festschrift zu seinem 65. Geburtstag „Medienethik. Freiheit und Verantwortung“ von geradezu brennender Aktualität ist, mischt sich öffentlich nicht mehr in aktuelle kirchenpolitische Fragen ein. Aber als Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung „Bibel und Kultur“ sowie als Ehrenmitglied des Johanniter-Ordens ist er nach wie vor aktiv. Als Prediger und Referent lässt er sich noch immer gewinnen, und als Gast der Synoden des Rheinlandes und der EKD ist er ein gern gesehener Gesprächspartner. Kock war nie ein Mann der schnellen Schlagzeilen, sondern in erster Linie ein Zuhörer, Berater, Seelsorger.
Aber er konnte auch unbeugsam sein – etwa als im Jahr 2000 der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Josef Ratzinger, mal wieder den evangelischen Kirchen das Kirchesein absprach, oder als auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag ein erbitterter Streit über das Abendmahl ausbrach. Kock sorgte schnell für Klarheit. Im Blick auf die Ökumene war er ein stiller, aber unbeugsamer Wegbereiter einer wachsenden Gemeinschaft zwischen den Kirchen. Manfred Kock ist einer der bedeutendsten Vertreter des Protestantismus der zurückliegenden Jahrzehnte.          epd