„Hier sind Sie richtig, wir können gern miteinander sprechen!“, sagt Stefan Voss ruhig und fest am Telefon. Er ist Ehrenamtlicher in der Trauerarbeit im Kirchenkreis Spandau, Ansprechpartner für Menschen in einer besonderen Situation. Auf Anrufe von Trauernden ist er vorbereitet.
Obwohl seine Frau als Seelsorgerin im Kirchenkreis Spandau angestellt ist und auch Trauergottesdienste gestaltet, war eine Arbeit auf diesem Gebiet für ihn früher keine Option. Während der Betreuung einer Verwandten im Pflegeheim übernahm er dort mit der Zeit verschiedene Aufgaben ehrenamtlich, zu denen irgendwann auch Gespräche mit Hinterbliebenen zählten. Er bemerkte, dass in solchen Einrichtungen zu wenig Raum und Gehör für die Trauer der Angehörigen möglich ist. 2017 sprach ihn die damalige Pfarrerin, Christine Pohl, an, ob er sich eine Arbeit mit Hinterbliebenen vorstellen könne. Spontan habe er „Nein!“ gedacht, doch er absolvierte eine Ausbildung im Kirchenkreis und bemerkte: „Das liegt mir!“
Ehrenamtlicher Trauerbegleiter: Mehr jüngere Menschen dabei
Seit April 2018 arbeitet Stefan Voss in der Trauerbegleitung. Er fand als Struktur ein „Trauercafé“ vor, das zweimal monatlich etwa 20 Hinterbliebene betreute. Ähnliches gibt es in ganz Berlin, evangelische und katholische Akteure haben sich zum „Netzwerk Trauer“ zusammengeschlossen. Angebunden an Gemeinden gibt es kleinere Gruppen, manchmal nach Lebenssituation oder Alter aufgeteilt, die von Ehrenamtlichen begleitet werden. Stefan Voss führt beispielsweise eine Gruppe Berufstätiger. Während vor zehn Jahren meist Menschen im fortgeschrittenen Alter, überwiegend Frauen, bei Partnerverlust die Angebote wahrnahmen, ist die Altersstruktur heute deutlich jünger. Es kämen auch mehr Männer in die Gruppen, Angehörige, die Kinder verloren hätten, Suizide verkraften müssten, Menschen mit psychischen Erkrankungen, die Verluste erlitten hätten.
Heute würden die meisten Hilfesuchenden ganz offensiv aussprechen, dass sie Unterstützung benötigen. Die ist für einen individuell begrenzten Zeitraum vorgesehen mit der Perspektive, das eigene Leben wieder in den Griff zu kriegen. Das sei vor allem für die Jüngeren wichtig, während bei Älteren oft klar ist, dass es nie wieder so wie vorher wird.
Trauerbegleitung ist kein therapeutisches Angebot
Stefan Voss legt Wert darauf zu vermitteln, dass die ehrenamtliche Trauerbegleitung kein therapeutisches Angebot ist: „Manche Menschen brauchen Therapie, die wir nicht bieten.“ Bei den verschiedenen Formaten, die sein Kirchenkreis wie auch alle anderen Träger organisieren, geht es darum, einen geschützten, begleiteten Raum für die Trauer zur Verfügung zu stellen. Denn der Alltag läuft neben dem Trauernden weiter. Am wichtigsten seien die Kontakte der Hinterbliebenen untereinander: Jemand, der gerade einen Verlust erlitten hat, ist oftmals ratlos. „Dann können andere in der Gruppe berichten, wie es ihnen nach längerer Zeit geht, was sie getan, gelassen haben“, sagt Stefan Voss. Sie „heilen“ sich sozusagen untereinander.
Manchmal schweißt das Erlebte Menschen zusammen: In einer seiner Gruppen haben drei Männer Freundschaft geschlossen. Das macht auch ihn froh. Stefan Voss erzählt von einer Dampferfahrt, die die Spandauer Gruppe jährlich unternimmt. Er wurde von einer Fremden gefragt, was für eine fröhliche Truppe sie denn seien.