Als “Deutschlands bekanntester Bestatter” gilt Eric Wrede: Seit gut zehn Jahren krempelt er die Branche um. Nun ist sein Bestseller “The End” verfilmt worden – und auch der Hauptdarsteller hat neue Erkenntnisse gewonnen.
Ein frischer Blick auf Tod und Bestattungskultur gelingt diesem ZDF-Film: “Sterben für Beginner” wird am Montag zur Primetime ausgestrahlt. Edin Hasanovic spielt den Bestatter Eric Wrede. Gelegentlich wirkt es, als wäre der 33-Jährige überall zugleich: Hasanovic moderiert seine eigene Late-Night-Show und ist seit kurzem neben Melika Foroutan neuer Frankfurter “Tatort”-Kommissar; ihr erster gemeinsamer Fall wird im Herbst ausgestrahlt. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) verrät der Schauspieler, wie er sich die eigene Beerdigung vorstellt – und wieso er schon einmal Angst vor seinem Kollegen Wolfram Koch hatte.
Frage: Herr Hasanovic, was am Drehbuch zu “Sterben für Beginner” ließ Sie zusagen?
Antwort: Ich lag in der Badewanne, als die Anfrage kam. Und wie ich das immer mache: Ich fange an zu lesen, ohne mir die Synopsis anzuschauen oder zu wissen, um was es überhaupt geht. Dann entscheide ich so nach 20, 30 Seiten, ob ich weiterlese. Aber da habe ich plötzlich gemerkt: hoppla, Tränen fließen. Und dann war ich auch schon in einem Rutsch fertig mit dem Buch, habe gar nicht gemerkt, dass das Wasser in der Badewanne kalt geworden ist.
Wenn ich mich komplett fallenlassen kann, vergesse, dass es ein Buch oder ein Film ist, ich einfach drin bin in der Story – dann ist es gut. Hier war das so, und an zwei, drei Stellen hat es mich eben so gepackt, dass ich weinen musste – für mich das größte Zeichen, dass ich das machen möchte. Und das hat sich ausgezahlt: Der Dreh war mit eine der schönsten Zeiten, die ich je am Set hatte.
Frage: Haben Sie zur Vorbereitung ein Praktikum beim Bestatter gemacht?
Antwort: Nein. Meine Rolle stolpert da ja so hinein, sieht zum Beispiel zum ersten Mal eine Leiche. Deshalb wollte ich das genau so, meiner Figur nichts vorwegnehmen, das ebenfalls als neu wahrnehmen. Deswegen war die Vorbereitung schauspielerischer Natur, wie ich das immer mache: mit einem Coach – und natürlich Text lernen.
Frage: Haben Sie selbst schon Erfahrungen mit Beerdigungen und Bestattern gemacht?
Antwort: Glücklicherweise nicht. Aber man hat ja trotzdem ein Bild davon. Im Zuge des Drehs habe ich Eric Wrede kennengelernt, er hat mir diese für mich neue Welt eröffnet: Im Film sieht meine Figur bei einer Bestattung, dass es bunt sein und Ballons geben kann, man vielleicht auch lacht. Erics Herangehensweise an Beerdigungen gefällt mir sehr: dass es individueller und origineller zugehen kann, nicht nur schwarz, dunkel und schwer.
Frage: Wie sähe Ihr Drehbuch für den eigenen Abschied aus dem Leben aus?
Antwort: Eine gute Bestattung wäre, wenn dieser Moment mir zu Lebzeiten entsprechen würde. Das bedeutet: leicht, lustig, entspannt, rhythmisch, musikalisch und sicherlich auch traurig, aber nicht voller Trübsal. Ich fände es toll, wenn man sich eher an mein Leben erinnert, als dem Tod in diesem Moment viel Raum zu geben.
Frage: Das ähnelt dem, wie Alex im Film seinen Abschied handhabt…
Antwort: Stimmt. Und ich weiß gar nicht, ob ich das vor dem Dreh so gesehen habe. Dieser Film hat mir die Erkenntnis geschenkt: Ach, so geht das auch?!
Frage: Gehört der Gedanke an den Tod in Ihrem Alltag dazu?
Antwort: Der Tod ist schon – ich will nicht sagen: omnipräsent, aber der ist schon immer wieder um mich herum. Ein stetiger Begleiter, wie er das vielleicht bei uns allen sein sollte – weil er uns ja allen blüht am Ende. Zum Beispiel dieser lockere Spruch: “Dann bis morgen”. Da sage ich: “You never know.” Wenn jemand ein paar Stunden mit dem Auto fährt, verabschiede ich mich tatsächlich bewusst. Da winke ich nicht von weitem, sondern da gibt’s eine Umarmung. Weil es immer sein kann, dass es die letzte ist. Deswegen gehe ich da bewusst durchs Leben.
Frage: Verliert der Tod so an Schrecken?
Antwort: Mhm (überlegt)… Es gibt ältere Menschen um mich herum, meine Großeltern zum Beispiel, bei denen ich mich sozusagen darauf vorbereite, indem ich mir darüber Gedanken mache. Dann ist es – egal wie sehr ich sie geliebt habe – hoffentlich nicht so ein Schock und reißt mich nicht völlig aus meinem Leben, wenn es dann soweit ist. Aber ich denke, der Tod ist so groß und mächtig, dass es schwer ist, dass der seine Macht verliert.
Frage: In “Sterben für Beginner” spielt auch Wolfram Koch mit – Ihr Vorgänger beim Frankfurter “Tatort”, wo Sie ab Herbst einen der Ermittler spielen werden. Hatte er Tipps für den neuen Job?
Antwort: Als die Premiere von “Sterben für Beginner” anstand, war schon verlautet worden, dass ich der neue Frankfurter “Tatort”-Kommissar bin. Irgendwie hatte ich ein bisschen Angst, ihm zu begegnen. Ich wusste nicht, ob er denkt, weil wir jetzt gekommen sind, mussten sie gehen, oder so. Aber Wolfram – einfach “bester Mann”. Ein ganz toller Typ, der mir dieses Gefühl binnen Sekunden nehmen konnte, mich umarmt, mir von Herzen alles Gute gewünscht und sich für uns gefreut hat. Und Tipps – ja, da hat er hat mir ein, zwei gegeben. Aber das sind Interna (lacht).
Frage: Der “Tatort” wird im deutschen Fernsehen genau beäugt – sind Sie nervöser als bei anderen Engagements?
Antwort: Das ist wie bei einer riesengroßen “Im Westen nichts Neues”-Netflix-Produktion, bei der man weiß: Das wird auf der ganzen Welt gezeigt. Aber das muss man am Set immer wieder vergessen. So ähnlich war das jetzt beim “Tatort”-Dreh: Ich dachte, das ist die heilige Kuh der Deutschen, es gibt Erwartungen, Verpflichtungen, Druck. Und das alles muss ich vergessen.
Es war aber auch so, dass das Feedback darauf so positiv war wie für nichts anderes, was ich in meiner beruflichen Laufbahn bisher getan habe. Ich hatte wirklich das Gefühl, ich bin jetzt Minister oder Botschafter dieser Stadt, also Frankfurt. Das ist schon toll. Ich hoffe, dass das auch so bleibt, wenn der erste Fall im Oktober rauskommt.
Frage: Mit Melika Foroutan und Ihnen wird der Frankfurter “Tatort” mit zwei Deutschen mit Migrationshintergrund besetzt: ein Grund zu feiern? Oder eher nervig, dass man über etwas, das normal sein sollte, überhaupt noch reden muss?
Antwort: So lange mir solche Fragen gestellt werden – und das werden sie im Zuge des “Tatorts” immer wieder -, wirkt es schon so, als wäre es etwas Besonderes, dass Menschen mit Migrationshintergrund Polizisten spielen oder “Tatort”-Kommissare sind. Vor ein paar Jahren hätte ich noch gesagt: Ich möchte darüber nicht reden.
Inzwischen bekomme ich aber das Gefühl, dass es schon als Zeichen verstanden werden muss, dass Melika und ich, beide mit Migrationshintergrund, auch “Tatort”-Kommissare spielen, die Migrationshintergrund haben. Das ist eine Entwicklung, die mir nicht gefällt: dass man nicht einfach über den Fall oder den Charakter meiner Rolle redet. Dass dieser Aspekt so spannend sein soll, da komme ich nicht dahinter.
Frage: In der Binnenrealität des Fernsehens sind ein solcher Cast und eine solche Rollenzuschreibung aber eben leider noch eine Ausnahme…
Antwort: Umso mehr hoffe ich, dass die Leute differenzieren und sich nicht von der oft ziemlich einseitigen Medienberichterstattung mitreißen lassen, nach dem Motto: “Wie, es gibt auch erfolgreiche Migranten?! Die sprechen Deutsch ohne Akzent? Und sind nicht alle kriminell?” Das wäre schon toll, denn die meisten, die ich kenne, sind nicht das, was viele Medien erzählen.
Frage: Spielen Sie damit auch auf die Berichterstattung im vergangenen Bundestagswahlkampf an?
Antwort: Selbstverständlich: Ich nehme ein Thema und mache es durch die Macht der Wiederholung groß. Erfolgreichen Migranten oder kriminellen Deutschen gebe ich in diesen Debatten nicht so viel Raum. Diese Strategie hat ja dann bei der Wahl auch Erfolg gezeigt.
Frage: Am Anfang Ihrer Karriere haben Sie häufig schwierige Jugendliche oder Straftäter gespielt. Wie haben Sie sich aus dieser Schublade befreit?
Antwort: Ich mache den Job ja schon seit 20 Jahren. Und die ersten sechs, sieben Jahre war es tatsächlich genau so. Aber das ist eher ein Zeichen für die deutsche Filmbranche: “Ah, das ist erfolgreich, machen wir’s nochmal.” Am Anfang ging’s darum, überhaupt zu arbeiten, sich zu beweisen. Und mir hat das auch wahnsinnig Spaß gemacht.