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Drohender Streit über Waffenschmuggel zwischen Mexiko und USA

Legale und illegale Waffenlieferungen aus den Vereinigten Staaten fachen den Drogenkrieg in Mexiko an. Das Thema wird beide Länder noch lange beschäftigen – egal, wie die Wahlen in den USA ausgehen.

Nicht nur in den USA, auch in Mexiko wird mit Spannung das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl am 5. November erwartet. Ob Donald Trump oder Kamala Harris künftig im Weißen Haus das Sagen hat, wird entscheidenden Einfluss auf die Zusammenarbeit der beiden Nachbarländer haben. International wird vor allem über die aus Richtung Mexiko kommenden Migranten berichtet. Über einen heiklen entgegengesetzten Warenstrom reden die Vereinigten Staaten indes nicht so gerne: Waffen, die legal oder illegal über die US-Grenze nach Mexiko geliefert werden.

In dieser Woche setzte Claudia Sheinbaum in einer Pressekonferenz das Thema wieder auf die Agenda. Die mexikanische Präsidentin, seit Anfang Oktober im Amt, steht wegen einer anhaltenden Gewaltwelle zu Beginn ihrer Amtszeit unter Druck. Sie verweist auf jüngste Massaker in Tecpan in der Unruheprovinz Guerrero, wo innerhalb weniger Tage mehr als 30 Menschen getötet wurden. Die großkalibrigen Waffen, die dort zum Einsatz gekommen seien, stammten aus den USA, ließ Sheinbaum wissen. Das Problem erfordere ein koordiniertes gemeinsames Vorgehen mit den Vereinigten Staaten.

In ihrem ersten Monat im Amt wurden bereits ein katholischer Geistlicher, ein Journalist und weitere Hunderte Menschen Opfer der alltäglichen Gewalt. Die linke Regierungspartei Morena hatte vor sechs Jahren unter dem damaligen Präsidenten Andres Manuel Lopez Obrador einen Kurswechsel in der Sicherheitsstrategie angekündigt, doch die Lage wurde noch schlimmer. Fast 200.000 Menschen kamen in der sechsjährigen Amtszeit von Lopez Obrador gewaltsam zu Tode. Ein nie dagewesener Höchststand. Längst ist über die Sicherheitsstrategie eine gesellschaftliche Debatte entbrannt. Für Sheinbaum, die an der Politik ihres Vorgängers, Mentors und Parteifreundes festhalten will, ist die Diskussion gefährlich.

Tatsächlich ist das Sicherheitskonzept der Morena-Regierung gescheitert. Der mit dem nationalen Menschenrechtspreis ausgezeichnete katholische Priester Alejandro Solalinde nannte es in dieser Woche beispielsweise “einen Fehler, die Nationalgarde eingesetzt zu haben, um Migranten zu stoppen”. Jüngst erschossen Militärs ein Gruppe Migranten, die sie offenbar versehentlich für Kriminelle hielten.

Die neue Präsidentin weiß, dass sie im Verhältnis zu den USA starke Nerven brauchen wird. Gewinnt Trump, wird der republikanische Präsidentschaftskandidat versuchen, die Grenze weiter abzuriegeln. Mehr Abschiebungen hat aber auch die amtierende demokratische Vizepräsidentin Kamala Harris angekündigt. Das alles hat Konsequenzen für Mexiko, das im Zweifelsfall jene Migranten aus ganz Lateinamerika aufnehmen und beherbergen muss, die es nicht in die USA schaffen.

Das Argument des illegalen Waffenhandels aus den USA ist berechtigt und dürfte auch als ethisches Faustpfand in den Gesprächen mit der neuen Regierung in Washington auf den Tisch kommen. Trump wiederum erinnerte bei seinen Wahlkampfreden immer wieder daran, wie er die Lopez-Obrador-Regierung mit der Androhung von Strafzöllen auf in Mexiko gebaute Autos auf seine Linie gezwungen habe: “Ich habe gewonnen. Ich habe alles von Mexiko bekommen.”

Mexiko hingegen verklagte jüngst acht in den USA sehr einflussreiche Waffenproduzenten, darunter prominente Namen wie Smith & Wesson und Colt. Das Land argumentierte, der illegale Waffenschmuggel aus den USA habe entscheidend dazu beigetragen, dass die Zahl der Todesfälle durch Schusswaffen drastisch gestiegen sei. Mexiko belegt in dieser Statistik den dritten Platz weltweit.

Die US-Justiz gab Mexiko in einem viel beachteten Urteil im April dieses Jahres in erster Instanz Recht, später aber musste Mexiko einen juristischen Rückschlag in der Sache hinnehmen. Sicher ist allerdings: Das Thema wird früher oder später erneut auf der Tagesordnung landen.