Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) bekommen Zuwachs: Am Donnerstag ist das „Archiv der Avantgarden“ dem Museumsverbund zur Nutzung übergeben worden. Das Archiv mit Ausstellungsflächen und Arbeitsräumen entstand im Blockhaus an der Augustusbrücke. In den vierjährigen Umbau des Gebäudes flossen laut sächsischem Finanzministerium rund 29 Millionen Euro.
In den kommenden Monaten soll das „Archiv der radikalen Moderne“ gefüllt werden. Es nimmt die Sammlung des Mäzens Egidio Marzona auf. Der Italiener hatte den Dresdner Kunstsammlungen 2016 und 2018 mehr als 1,5 Millionen Dokumente und Objekte der künstlerischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts übertragen. Die Sammlung umfasst Zeichnungen, Designobjekte, Plakate, Architekturpläne, Fotos und Korrespondenzen.
Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) betonte das Miteinander von Tradition und Moderne: „Hinter der vertrauten, barocken Fassade verbirgt sich ein zeitgenössischer und multifunktionaler Kunstraum“, sagte Vorjohann bei der Übergabe. Herzstück ist ein scheinbar schwebender Betonkubus, der das Archiv auf drei Ebenen aufnimmt. Der Kubus ruht auf Stahlträgern. Darunter ist im Foyer des Gebäudes Platz für Ausstellungen.
SKD-Generaldirektorin Marion Ackermann betonte, die Marzona-Sammlung biete die ideale Grundlage zur Erforschung und Neubewertung der Kunst-Avantgarden und ihrer gesellschaftlichen Verflechtungen. Marzona habe das Dokument und das klassische Kunstobjekt als gleichberechtigt angesehen und gesammelt. Dies sei nicht selbstverständlich.
Laut Ackermann sollen die Objekte nicht nur im Archiv bewahrt, sondern auch öffentlich gezeigt werden. Dafür gibt es Ausstellungsflächen und Vitrinen zur Präsentation. Jährlich sind zwei Wechselausstellungen geplant, eine erste zum Thema Träume. Auf der „Forscherplattform“, einem Arbeitsbereich für Gäste, werden in einer Art sichtbarem Depot ebenfalls Teile der Sammlung zu sehen sein. Ackermann zufolge entsteht mit dem Vorhaben ein neuer Museumstyp.
Das Dresdner Blockhaus, aus dessen Fenstern die Silhouette der Dresdner Altstadt zu sehen ist, wurde für das neue Archivmuseum weitgehend entkernt. Die barocke Fassade blieb erhalten. Die Marzona-Sammlung ist vom 5. Mai 2024 an für die Öffentlichkeit zugänglich. Derzeit lagert die Schenkung im Japanischen Palais, wenige hundert Meter vom neuen Archivgebäude entfernt.
Von der Eröffnung des Archivs erwartet Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) „einen Ort des Reflektierens und des Austauschs“. Die Einrichtung sei ein neuer „international ausstrahlender Leuchtturm“. Schon jetzt besitze sie große Anziehungskraft und werde für Kongresse angefragt, sagte Klepsch.
Das barocke Blockhaus wurde 1755 als Wachgebäude fertiggestellt und später für Wohn- und Verwaltungszwecke um eine Etage aufgestockt. Im Zweiten Weltkrieg brannte es vollständig aus. Es wurde von 1978 an wieder aufgebaut. Seit 1994 ist das Gebäude Eigentum des Freistaates Sachsen.
Baubeginn für das „Archiv der Avantgarden“ war im Herbst 2019. Der Rohbau war 2022 fertiggestellt. Etwa 5.100 Quadratmeter Beton und 330 Tonnen Stahl wurden dafür verbaut.