Mit Reformen und Anpassungen des kirchlichen Lebens will sich die Evangelische Kirche im Rheinland für die Zukunft fit machen und relevanter für die Menschen werden. Es brauche mehr Vielfalt, Mut zu Neuerungen und den Verzicht auf Formen, die sich überlebt haben, hieß es am Mittwoch auf der Landessynode der zweitgrößten deutschen Landeskirche in Düsseldorf. Das kirchliche Leben müsse sich wandeln, „um auch mit weniger Menschen und Mitteln gut Kirche zu sein“, sagte Präses Thorsten Latzel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Theologieprofessorin Cornelia Richter sprach sich für freiere Formen der Kirchenmitgliedschaft aus.
„Wir wollen uns stärker an unseren Mitgliedern orientieren und Menschen in ihrer Biografie geistlich begleiten“, sagte Latzel im epd-Gespräch. Pfarrerinnen und Pfarrer sollten nicht mehr einen großen Teil ihrer Arbeit mit Verwaltungsaufgaben oder Gebäudemanagement zubringen müssen, sondern Zeit für Seelsorge und Kontaktarbeit haben. Besonders wichtig seien dabei Amtshandlungen wie Taufe, Konfirmation oder Bestattung. Auch bei den Gottesdiensten brauche es „Mut zu verschiedenen gottesdienstlichen Formaten“ – etwa zu kleine Andachtsformen bei nur wenigen Besuchern oder andere Rhythmen, Wochentage und Uhrzeiten.
Theologieprofessorin Richter würde „die Möglichkeit begrüßen, dass man Mitgliedschaften auf Zeit oder eine Art Gaststatus annehmen kann“. Die Dekanin der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn rät wie Latzel zu freieren Gottesdiensten. Auch in ihrer Ausdrucksweise sollte die evangelische Kirche moderner und säkularer werden, um bei den Menschen relevant zu bleiben, sagte Richter dem epd. Aktuell sei ein wichtiger Zeitpunkt, Dinge zu verändern, auch die Strukturen. So sei der Verwaltungsapparat viel zu groß.
Oberkirchenrätin Wibke Janssen mahnte zur Überwindung von Milieuverengung und Ausgrenzung, Kirche dürfe keine geschlossene Gesellschaft sein. Nötig sei eine verständliche und feinfühlige Sprache, die niemanden ausschließt und Wörter wie Sakrament oder Buße „neu buchstabiert“.
In Arbeitsgruppen und Workshops tauschen die rund 200 Mitglieder des rheinischen Kirchenparlaments am Dienstag und Mittwoch Ideen und Erfahrungen aus und befassten sich mit Best-Practice-Beispielen von Initiativen und anderen Kirchen. Themen waren etwa Diversität, neue Gemeindeformen, Spiritualität des Alltags, die Schaffung von Freiräumen oder die Neuentdeckung kirchlicher Berufe. Hintergrund aller Reformbestrebungen ist der Rückgang von Finanzkraft und Mitgliederzahl.
Bei den Beratungen sei eine große Reformbereitschaft deutlich geworden, sagte Latzel. Veränderung brauche aber Zeit. Die Ergebnisse der Diskussionen münden daher noch nicht in konkrete Projekte oder Maßnahmen. Beschlüsse soll die Landessynode, das oberste Organ der rheinischen Kirche, erst bei der nächsten Jahrestagung 2025 in Bonn fassen.