Artikel teilen:

Dieses Ostern wird anders

Es schmerzt. So hat es Annette Kurschus, die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, jetzt auf den Punkt gebracht.

Und es schmerzt tatsächlich, dass das Osterfest nicht wie üblich gefeiert werden kann. Nicht im großen Freundes- oder Familienkreis, nicht im Park oder beim Brunch. Aber vor allem nicht mit festlichen Gottesdiensten in vollen Kirchen. Im Interview mit dem Evangelischen Pressedienst findet Kurschus dennoch Mut machende Worte: „Die Botschaft des Lebens wird sich überraschend neue und ungewohnte Wege suchen. Ich bin gewiss: Das wird in aller Ungewissheit dieser Zeit eine stärkende und hoffnungsvolle Erfahrung sein.“ Gerade in Krisenzeiten tröste die Osterbotschaft, weil sie sich inmitten von Furcht und Grauen ausbreite, so die leitende Theologin.

Kurschus selbst wird am Ostersonntag im ZDF-Fernsehgottesdienst predigen. Um 9.30 Uhr beginnt die Feier in der Saalkirche in Ingelheim. Ursprünglich wollte die Kreuz-Kirchengemeinde Herne den Gottesdienst ausrichten, wegen der Coronakrise findet die Übertragung nun jedoch in der Nähe der ZDF-Zentrale in Mainz statt. Inhaltlich geht es auch hier um Hoffnung: „Das Leben, das wir zu Ostern feiern, ist stärker als mein manchmal kleiner Glaube“, so Kurschus im Vorfeld. Und wenn sich in der Ingelheimer Kirche dann tatsächlich nur diejenigen befinden, die direkt am Gottesdienst mitwirken, soll trotzdem deutlich werden: Die biblische Geschichte des Ostermorgens kennt keine örtliche Grenze und verbindet alle, die am Sonntag dabei sind und mitfeiern.

Auch ohne Corona hätte es an diesem Wochenende Fernsehgottesdienste gegeben. Dennoch finden auch diese Sendungen jetzt unter besonderen Vorzeichen statt und erleben dabei sogar steigenden Zuspruch. Nicht nur die Präses feiert das große christliche Fest nun unter anderen Bedingungen. Überall im Lande wird die Osterbotschaft multimedial und kreativ unter die Leute gebracht. Im Internet und im Rundfunk, per Zeitung, Brief und Telefon, durch Glockenläuten und Musik.

Nicht umsonst startet etwa direkt im Anschluss an den TV-Gottesdienst die groß angelegte Aktion „Ostern vom Balkon“. Das Schlusslied der Übertragung „Christ ist erstanden“ bildet gleichzeitig den Auftakt zu einem bundesweiten musikalischen Flashmob. Unter anderem die Posaunenwerke haben dazu aufgerufen, ab 10.15 Uhr diesen Choral zu spielen oder zu singen. Egal ob zuhause am Fenster, auf dem Balkon, im Garten, im Wald oder auf der Straße. In der Stadt und auf dem Land soll damit, trotz ge-botenem Sicherheitsabstand, viele Menschen die Botschaft erreichen: „Des soll’n wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein.“

Annette Kurschus betont, dass sie alle kirchlichen Initiativen dieser Tage „dankbar und voller Respekt“ wahrnehme. Unzählige engagierte Menschen in den Kirchengemeinden fänden einfallsreiche Mittel und Wege, „unter den ge-gebenen Bedingungen das Evangelium zu verkündigen und den Menschen mit Trost und Beistand nah zu bleiben“. Und so wird das Osterfest 2020 tatsächlich ein ganz anderes. Doch die Botschaft ist nicht klein zukriegen, auch nicht von einem Virus. Vielleicht wirkt sie an manchen Orten und in manchen Herzen sogar stärker als sonst. Der Theologe Karl Barth hat es in einer Formulierung einmal so zugespitzt: Ostern sei ein Ruf vom Himmel her. Und dieser Ruf laute „Steh auf, ich will dir Leben geben!“ Und dann fährt Barth fort: „Nimmst du diesen Ruf weg oder machst etwas Anderes, Kleineres, weniger Ganzes, Letztes, Starkes daraus, dann hast du alles weggenommen: Die einzige, die letzte Hoffnung, die es für uns auf Erden gibt.“ Diese Hoffnung wird auch Ostern 2020 gefeiert. Nur eben anders.