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Die Schuld der Kirche

Das Berliner Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit eröffnete eine neue Dauerausstellung.

Von Alexandra Wolff

Hier die Fotos von Profiteuren, dort die von Zwangsarbeitern: Die neue Dauerausstellung „Alltag Zwangsarbeit 1938–1945“ im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit in Berlin-Schöneweide, das zum Erinnerungsort „Topografie des Terrors“ gehört, zeigt beide Seiten – und ihr bedrückendes Nebeneinander. Anfang Mai wurde die Ausstellung mit reichlich Prominenz eröffnet: Grußworte waren von dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin, Ralf Wieland, vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Bernd Neumann, und von der Generalsuperintendentin des Sprengels Berlin, Ulrike Trautwein, zu hören.„Wir werden in der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus konfrontiert, mit unermesslichem Schmerz und Leid“, sagte Trautwein. „Wir werden herausgefordert, uns mit unserer Schuld auseinanderzusetzen. Der Schuld unseres Volkes und unserer Kirche.“ Denn eine der insgesamt 33 Biografien, die die Ausstellung in Vitrinen zeigt, ist die eines Zwangsarbeiters, den die Kirche verpflichtete. Über den am 18. April verstorbenen Nikolai Galuschkow sagt Gerlind Lachenicht von der Arbeitsstelle Erinnerungskultur im Evangelischen Landeskirchlichen Archiv Berlin: „Als er 15 Jahre alt war, wurde er aus Russland in ein Friedhofslager der Kirche zur Zwangsarbeit verschleppt. Drei Jahre lang leistete Galuschkow auf dem Friedhof der Gethsemanegemeinde zusammen mit zwei anderen verschleppten Jugendlichen aus seinem Dorf Zwangsarbeit.“ In einem Interview, das Galuschkow im Jahr 2004 gab, erzählte er: „Als einmal abends die U-Bahn leer war, setzte ich mich. Da stand einer auf, packte mich am Kragen und stieß mich in eine Ecke, ich durfte ja nicht sitzen. Das sah man am Ost-Zeichen, das wir tragen mussten.“ Galuschkows Schicksal war in einer früheren Ausstellung der Arbeitsgemeinschaft NS-Zwangsarbeiter der Berliner Kirchengemeinde bereits nachzulesen. (…)

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