Demokratie ist in diesen Tagen ein heiß diskutiertes Thema. Nach den Wahlen in Hamburg und Thüringen zeigt sich, wie schwierig und anstrengend es sein kann, den Anspruch umzusetzen, der heißt: Das Volk regiert.
Auch die Kirchen melden sich zu Wort. Als gesellschaftlich prägende Kraft gehört das zu ihrer Verantwortung. Zumal sie mit dem Anspruch antreten, eine ewige Wahrheit zu bekennen, an der sich alle anderen Wahrheiten messen lassen müssen. Auch die heiklen.
Heikel ist der Umgang mit der Demokratie allerdings auch innerhalb der Kirche. Nämlich bei den Vorstandswahlen in ihren Gemeinden, den Presbyterwahlen.
Die Fakten: Am Sonntag wählen die rund 1200 evangelischen Kirchengemeinden in Westfalen, Lippe und Rheinland ihre Vorstände neu. Zumindest in der Theorie. Tatsächlich aber finden die Wahlen kaum noch statt. Meist werden gerade so viele Kandidatinnen und Kandidaten aufgestellt, wie Plätze im Presbyterium oder (lippisch) Kirchenvorstand zu vergeben sind. Manchmal kommen selbst die nicht zustande.
Eine Demokratie, die ohne Wahlen auskommt? Möglich. Aber auf Dauer irgendwie nicht stimmig. Nicht zuletzt, weil es ja gerade die Kirchen sind, die in der gesellschaftlichen Debatte zu mehr Zivilcourage, Gemeinsinn und Demokratie aufrufen – siehe oben.
Nun ist es leicht, darüber herzuziehen. Schaut man sich aber vor Ort um, in den Kirchengemeinden, erkennt man schnell: Hinter der beklagenswerten Lage steckt keine Absicht. Schon gar keine böse.
Im Gegenteil: An vielen Orten reißen sich Pfarrerinnen und Pfarrer, Presbyterinnen und Presbyter, ehrenamtlich und hauptamtlich Mitarbeitende ein Bein aus. Sie wollen ja Menschen zum Mitmachen bewegen. Sie schuften und ackern. Und können am Ende froh sein, wenn sie überhaupt jemanden finden, der bereit und fähig ist, eine Kirchengemeinde mit all ihren Einrichtungen und dem Personal mitzuleiten.
Schwindende kirchliche Verwurzelung. Mangelnde Leitungserfahrung. Sinkende Bereitschaft, sich längerfristig und verbindlich festzulegen – all das spielt eine Rolle. Dazu das Risiko, dass eine echte Wahl ja immer auch Verlierer produziert. Wer ist schon ohne Not bereit, sich erst zum Mitmachen breitschlagen zu lassen, um am Ende dann zu erleben: Die wollen mich gar nicht?