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Die Kinder des 20. Juli in Bad Sachsa

Nach dem Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 um Oberst Claus Graf Schenk von Staffenberg kamen die Familien der Widerstandskämpfer in „Sippenhaft“. Die Kinder wurden von den Eltern getrennt. 46 von ihnen wurden ab August 1944 im Kinderheim „Bremen“ im Borntal bei Bad Sachsa festgehalten.

– 20. Juli 1944: Der Anschlag auf Adolf Hitler im „Führerhauptquartier Wolfschanze“ in Ostpreußen scheitert. Eine zur Verfolgung der Attentäter gegründete Gestapo-„Sonderkommission 20. Juli“ nimmt mehr als 600 Menschen fest. Mehr als 130 Menschen wurden verurteilt, 104 von ihnen zum Tode.

– Ende Juli: Die Sonderkommission sucht ein Heim für bis zu 200 Kindern der am Umsturzversuch Beteiligten. Es soll die Unterbringung sichern, bevor die kleineren Kinder adoptiert und die größere unteren falschem Namen in nationalsozialistische Internate abgeschoben werden können. Bad Sachsa gehört zum „Sperrkreis Mittelbau“ um das Konzentrationslager Mittelbau-Dora, in dem die Häftlinge unter der Erde Teile der angeblichen Wunderwaffe V2 zusammensetzen müssen. Gestapo und SS haben in dem Hochsicherheitsgebiet unbegrenzte Vollmachten und beschlagnahmen das Kinderheim im Borntal.

– Mitte August: In Bad Sachsa treffen die ersten Kinder ein, deren Väter am Umsturzversuch des 20. Juli beteiligt waren oder sich in sowjetischer Gefangenschaft dem Nationalkomitee „Freies Deutschland“ angeschlossen haben. Die Kinder der Brüder Claus und Berthold Schenk Grafen von Stauffenberg gehören zu den ersten nach Bad Sachsa verschleppten Kindern.

– Oktober: Eine große Zahl von „Sippenhäftlingen“ wird entlassen. Die Kinder, deren Mütter freigelassen wurden, können zu ihren Familien zurückkehren. Im Heim verbleiben 18 Kinder.

– Ende Januar 1945: Die Wehrmacht beschlagnahmt fast alle Gebäude des Kinderheims. Generalmajor Walter Dornberger, Chef des Heereswaffenamtes, und sein Stab beziehen dort Quartier.

– Anfang April: Die Heimleitung erhält die Weisung, die 14 verbliebenen Kinder nach Nordhausen zu bringen. Von dort sollen sie in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht werden, in dem seit März viele ihrer Mütter und älteren Geschwister interniert sind.

– 3. April: Die Kinder und Betreuerinnen fahren auf einem LKW der Wehrmacht nach Nordhausen. Als der LKW Bad Sachsa verlässt, starten Flugzeuge der Alliierten einen Großangriff auf das nahe Nordhausen. Auch Straßen und Bahnverbindungen werden bombardiert. Der Lastwagen muss umkehren und bringt die verängstigten Kinder nach Bad Sachsa zurück.

– 9. April: Der Stab Dornberger übergibt das Gelände wieder an das Kinderheim und bricht in Richtung Oberbayern auf.

– 12. April: Amerikanische Truppen besetzen Bad Sachsa.

– 4. Mai: Der Sozialdemokrat WIlli Müller wird von der amerikanischen Militärverwaltung als Bürgermeister eingesetzt und stellt die Kinder im Heim unter seinen persönlichen Schutz. Sie erhalten ihre echten Namen zurück.

– Nach Kriegsende beginnt für die Familien eine verzweifelte Suche nach ihren Kindern. Die Stauffenberg-Kinder werden Mitte Juni abgeholt. Die letzten Kinder werden im November 1945 zu Angehörigen gebracht.