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Die Familie im Blick der Wahlprogramme

Das Thema Familie betrifft fast jeden. So nimmt es in allen Wahlprogrammen einen breiten Raum ein. Nach neuen Ideen sucht man allerdings vergeblich.

Familienpolitisch hatte sich die Ampel einiges vorgenommen: Eine Kindergrundsicherung sollte eingeführt werden, die es allen Familien ermöglichen sollte, Hilfsleistungen einfacher zu beantragen. Arme Kinder sollten besser abgesichert werden. Auch das Familien- und Abstammungsrecht sollte modernisiert werden und vor allem Regenbogenfamilien – bei denen mindestens ein Elternteil schwul oder lesbisch ist – in ihren Rechten stärken. Eine Reform der Familienpflegezeit sollte helfen, wenn Berufstätige sich um ihre betagten Eltern kümmern wollten. Nicht zuletzt wegen des frühen Ampel-Aus blieb es bei diesen Projekten bei Eckpunkten oder Gesetzentwürfen.

Umgesetzt wurden das Selbstbestimmungsgesetz, nach dem für die Änderung des Geschlechtseintrags und des Namens nur noch eine einfache Erklärung beim Standesamt nötig ist – statt wie bisher zwei psychiatrische Gutachten sowie ein Gerichtsbeschluss. Auf den letzten Metern verabschiedete der Bundestag zudem das Gewalthilfegesetz, durch das von Gewalt betroffene Frauen etwa Anspruch auf Rechtsberatung haben, und eine Anpassung des Mutterschutzgesetzes nach Fehlgeburten. In den Wahlprogrammen werden einige Vorhaben wieder erwähnt, andere wollen die derzeitigen Oppositionsfraktionen zum Teil wieder einkassieren.

Der Begriff Kindergrundsicherung taucht nur in einigen Wahlprogrammen wieder auf, zeigte die Ampel-Regierung doch, wie schwierig eine Umsetzung sein wird. Schon bei Bekanntwerden erster Pläne wurde der Unmut bei der FDP laut. Zu teuer und zu bürokratisch schien das Projekt, so dass es schließlich im parlamentarischen Verfahren hängenblieb.

Mehr Hilfen für Familien versprechen alle Wahlprogramme. Die Grünen erwähnen auch wieder die Kindergrundsicherung, allerdings ist sie dort deutlich abgespeckt: Es geht weniger um die Höhe der Leistungen für Kinder, sondern vielmehr um eine Bündelung und Digitalisierung der Hilfen sowie eine bessere Information darüber, welche Leistungen werdenden Eltern zustehen.

Noch weiter fasst die SPD das Thema: Gute Kitas, der Ausbau von Familienzentren, gute Ganztagsangebote – all das gehöre zu einer Kindergrundsicherung, so die Partei. CDU und CSU lassen in ihrem gemeinsamen Wahlprogramm den Begriff gleich ganz weg und sprechen – ähnlich wie die FDP – von einem digitalen Portal für alle Familienleistungen. Lediglich die Linke versteht unter dem Vorhaben nicht nur eine Bündelung der Leistungen, sondern auch eine Erhöhung.

Alle Parteien erkennen an, dass es unterschiedliche Familienmodelle gibt. Auch die AfD erwähnt, dass Beziehungen scheitern können. “Zur Realität gehört leider auch, dass nicht jede Familie harmonisch zusammenlebt und dass Beziehungen scheitern”, heißt es in dem Programm. Nicht dazu gehören – im Gegensatz zu den Formulierungen bei Union, SPD, Grünen, FDP und Linken – offenbar gleichgeschlechtliche Beziehungen, obwohl eine solche von der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel gelebt wird. Beim BSW wird die Familie nicht näher definiert.

SPD, Grüne, FDP und Linke sprechen sich für eine Reform des Abstammungsgesetzes aus. SPD, Grüne und Linke wollen, dass queere Familien im Familien- und Abstammungsrecht vollständig gleichgestellt werden. Die FDP tritt zumindest für eine Modernisierung ein und will etwa unverheirateten Paaren eine Adoption ermöglichen. Bei lesbischen Ehen soll die Ehefrau der Mutter als “Mit-Mutter” des Kindes anerkannt werden.

Unterschiedliche Standpunkte gibt es erwartungsgemäß auch bei den Regelungen zur Abtreibung: SPD, Grüne, die Linke sowie das BSW wollen das bestehende Gesetz liberalisieren und Schwangerschaftsabbrüche zumindest bis zur zwölften Woche außerhalb des Strafrechts regeln. Die FDP lässt die Frage offen und verweist auf eine Regelung durch eine entsprechende Abstimmung im Bundestag. CDU/CSU und AfD möchten die derzeitige Regelung beibehalten. Anfang der Woche scheiterte der letzte Versuch, das Thema Abtreibung noch in dieser Legislaturperiode außerhalb des Strafrechts zu regeln.

Das im November in Kraft getretene Selbstbestimmungsgesetz möchte die AfD wieder ganz abschaffen, das BSW lehnt das Gesetz ebenfalls ab. CDU und CSU drängen ebenfalls auf Streichung oder zumindest auf Reformen. So sollen junge Menschen zwischen 14 und 17 Jahren die Erklärung nicht länger selbst abgeben dürfen. Schon jetzt brauchen sie allerdings dafür auch die Zustimmung der Sorgeberechtigten. SPD, Grüne, FDP und Linke möchten das Gesetz beibehalten.