Der Förster und Autor Peter Wohlleben freut sich auf die Frankfurter Buchmesse: „Ich finde sie jedes Mal aufregend und spannend“, sagt er. Die weltgrößte Buch- und Inhaltemesse vom 18. bis 22. Oktober findet seit der Wiedergründung nach dem Zweiten Weltkrieg zum 75. Mal statt. „Hier wird das Buch gefeiert“, findet Wohlleben. „Ein Jahr ohne die Frankfurter Buchmesse ist wie ein Jahr ohne Weihnachten – die Familie gibt es trotzdem, aber es gibt kein Fest.“
Der Autor von Bestsellern wie „Das geheime Leben der Bäume“ oder „Waldwissen“ wird dieses Jahr das Buch „Unser wildes Erbe“ vorstellen. Er genieße es, durch die Messehallen voller Bücher zu gehen und mit Besuchern ins Gespräch zu kommen. „Die Messe ist ein Höhepunkt im Buchjahr“, findet Wohlleben. Im letzten Jahr vor der Pandemie 2019 nahmen 300.000 Besucher daran teil.
Die Frankfurter Buchmesse habe eine große Strahlkraft als ein Podium, auf dem gesellschaftlich wichtige Themen verhandelt würden, sagt die geschäftsführende Direktorin der Haufe Group, Birte Hackenjos. Nachhaltigkeit oder Lesefähigkeit etwa seien Anliegen, die über die Verlagsbranche hinaus Bedeutung für die ganze Gesellschaft hätten. Die Buchmesse habe sich gewandelt von einer Vertriebsmesse zu einer „kreativen Begegnungsstätte“: Der größte Nutzen bestehe darin, dass Teilnehmer sich im Austausch zu Ideen inspirierten, findet Hackenjos. Dies schlage sich mittelfristig auch in Umsatz und Ertrag nieder.
Kernanliegen der Frankfurter Buchmesse sei es, „zufällig zielgerichtete Begegnungen zu schaffen“, erklärt der Direktor Juergen Boos. Zum einen sei die Messe ein Marktplatz für den internationalen Rechtehandel, vor der Pandemie 2019 hätten Vertreter aus 140 Ländern teilgenommen. Zum anderen könne das deutschsprachige Publikum Autoren begegnen – das Areal für Autogramme werde dieses Jahr erweitert. Gegenstand der Messe sei „Geschichten erzählen“ – egal in welcher Form. So seien die Geschichten der US-amerikanischen Superhelden erst in Comic-Heften erzählt worden, dann in Filmen und nun in Büchern.
Die Frankfurter Buchmesse sei „der Pate oder die Großmutter der Buchmessen“, betont Boos, der seit 2005 Direktor ist. „Eine so lange Tradition gibt es sonst nicht auf der Welt.“ Auch gebe es keine andere Buchmesse mit einer derart breiten internationalen Beteiligung. Grundlage sei die freie Gesellschaft, für die als Symbol die Paulskirche stehe – in China funktioniere eine internationale Buchmesse nicht. Die Digitalisierung schade der Buchmesse nicht, erfährt Boos: Fachbesucher wollten sich einmal im Jahr persönlich treffen, und das Publikum wolle reale Autorinnen und Autoren sehen.
Die Frankfurter Messe stieg nach der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg um 1450 im nahegelegenen Mainz zu einer führenden Buchmesse Europas auf, wie die Mainzer Buchwissenschaftlerin Anke Vogel erklärt. Die Zensur der katholisch ausgerichteten kaiserlichen Bücherkommission in Frankfurt vertrieb jedoch im 17. Jahrhundert Verlage nach Leipzig. Der protestantische Norden errang eine geistig-kulturelle Vormachtstellung, und die Leipziger Buchmesse wurde Anfang des 18. Jahrhunderts die führende im Deutschen Reich. Die Frankfurter Buchmesse stieg mit der Wiedergründung nach dem Zweiten Weltkrieg im zensurfreien Westdeutschland zur neuen Größe auf und ist zur weltgrößten Buchmesse gewachsen.
Bei der Wiedergründung 1949 in der Paulskirche sei der Wille leitend gewesen, das Buch in den Dienst für Frieden und Völkerverständigung zu stellen, erklärt Vogel. So wurde auf der dritten Buchmesse 1951 der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels begründet. Dieses Jahr erhält der in Indien geborene Schriftsteller Salman Rushdie die Auszeichnung.
Der Wille zur Völkerverständigung habe die Öffnung zur internationalen Verlags- und Kulturwelt von Beginn an befördert, erläutert Vogel. Der mit dem Rechte- und Lizenzhandel verbundene Kulturtransfer habe große Bedeutung. 1988 begründete die Buchmesse die Einladung eines Ehrengastlandes – in diesem Jahr ist es Slowenien. Die vielfältigen Debatten auf Foren, Podien und Lesungen gäben wichtige Impulse für die demokratische Gesellschaft.