Sandbostel/Tarmstedt/Oese. Die Baracken stehen bis heute. Kürzlich erwarb die Gedenkstätte in Sandbostel ein Grundstück, das früher zum Lager gehörte. Hier werden sich Ende April ukrainische, polnische und deutsche Jugendliche versammeln und das Gelände erschließen. Die Arbeit soll sie nicht nur an Schrecken vergangener Konflikte mahnen, sie soll auch helfen, dass solche Auseinandersetzungen nicht mehr stattfinden.
Die Kooperative Gesamtschule (KGS) in Tarmstedt ist eine Europaschule. „Wir haben schon lange gute Kontakte nach Nord- und Westeuropa“, erläutert Geschichts- und Politiklehrer Markus Wollny. Seit 2014 richtet die Schule ihren Blick aber auch gen Osten. Zum dritten Mal gibt es nun solch ein Treffen mit polnischen und ukrainischen Gleichaltrigen.
Vorurteile sollen abgebaut werden
Bislang trafen sich die Jugendlichen im polnischen Kreisau (Krzyżowa). Dort auf dem früheren Gutshof der Familie von Moltke in Niederschlesien gibt es eine Jugendbegegnungsstätte. Wie auch andere Schulpartnerschaften und Austauschprojekte sollten die Treffen die europäische Verständigung fördern. Genau darum geht es nun auch wieder in Oese und Sandbostel. „Der europäische Gedanke ist ja derzeit etwas am Bröckeln“, sagt Wollny, der das Begegnungsprojekt gemeinsam mit seiner Kollegin Anna Jungclaus organisiert.
Die 48 Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren werden sich zuerst in der Jugendbildungsstätte in Oese kennenlernen. „Zwei Tage lang wollen wir da versuchen, Sprach- und Kontaktbarrieren abzubauen“, erklärt der Lehrer. Gemeinsame Sprache soll dabei das Englische sein. Es gehe darum, Vorurteile zu entkräften. Noch immer hielten manche junge Deutsche die Polen für Diebe und die Ukrainer für Trinker. Auch umgekehrt gebe es Klischees von reichen Deutschen in dicken Autos, weiß Wollny.
Ab dem 25. April sind die Schüler dann im Lager Sandbostel aktiv. Hier sollen sie zuerst die Geschichte des Ortes kennenlernen, an dem 10 000 bis 15 000 sowjetische Soldaten, darunter viele Ukrainer, umgekommen sind. „Dieser Ort hier fragt die Jugendlichen permanent, in welcher Welt sie leben wollen“, sagt Michael Freitag-Parey. Der Diakon arbeitet als Friedenspädagoge an der Gedenkstätte. „Das ist etwas anderes, als wenn man in ein Buch guckt. Hier kann ich fühlen und anfassen.“