Im Grunde war das ganze irdische Leben für Jesus eine Leidensgeschichte, aber jetzt folgt die Passion im engeren Sinn. Nach seinem Wirken in Galiläa und dem Weg nach Jerusalem kommt es mitten in der heiligen Stadt vor aller Augen zum dramatischen Prozess. Alle „Kreuzwegstationen“ liegen in dieser Stadt oder ganz nahe, wie der Ölberg, der Zion und auch Golgatha, der Richtplatz, wohlgemerkt: vor der Mauer. Hier in dieser Stadt, ja sogar im alten Tempel wird sich dann auch – und das ist bei Lukas wichtig zu beachten – die erste Gemeinde im Namen des Auferstandenen versammeln. Hier erhält schließlich Paulus den „offiziellen“ Auftrag zur Heidenmission (Apostelgeschichte 22,17-21), und zwar bevor die Stadt den Römern zum Opfer fällt. An ihren Mauern kann man also den langen Weg, die alte und neue Ausbreitung des Wortes Gottes geradezu ablesen.
Jesus erreicht den geschichtsträchtigen Tempel, der seit Salomo als die „Hütte Gottes bei den Menschen“ gilt, pünktlich vor dem Passa, an dem in jedem Jahr (in diesem Jahr vom 11. bis 18. April) die Befreiung Israels aus ägyptischer Unfreiheit gefeiert wird. Das Seder-Mahl bildet den Hintergrund auch für das christliche Abendmahl. Das Fest erklärt ferner die Eile, mit der damals der Prozess Jesu ablaufen musste.
Um die Bedeutung der Einsetzungsworte ist im Laufe der Kirchengeschichte viel und leidvoll gestritten worden und wird es noch. „Das ist mein Leib!“, übersetzt Luther korrekt. Aber was heißt das genau? Jesus sprach hebräisch, genauer: den aramäischen Dialekt dieser Sprache, die etwa die Unterscheidung von Leib und Seele nicht kannte. Lukas schreibt griechisch, wo Leib Sinnbild für Sterblichkeit und Seele Bestandteil der Ewigkeit war. Vielleicht gibt die Übersetzung „Er gab ihnen das Brot mit den Worten: Das ist mein Leben, das für euch gegeben wird!“ und „Dieser Kelch ist der Bund, der durch mein Blut, das vergossen wird, für euch geschlossen wird!“ den ursprünglichen Sinn dieser Worte verständlicher wieder.
Bei Lukas wird oft vom betenden Jesus berichtet. Gerade dadurch wird das Martyrium, das er auf sich nimmt, unmittelbar spürbar. Da ist kein cooler Superheld, dem Qual oder Schmerz nichts anhaben könnten. Der leidende Heiland wird von der bösen Gewalt menschlichen Hasses und menschlicher Unvernunft bekämpft, nicht von unbekannten, fremden Mächten, sondern in seinem eigenen Volk,und er ist gerade darin durch sein Dulden und sein Vergeben ein Vorbild für das unschuldige Leiden auch in der Zukunft seiner Kirche und für die ganze Welt.
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Woche vom 2. bis 8. April Sonntag: Psalm 22, 1-22 Montag: Lukas 22, 7-23 Dienstag: Lukas 22 ,24-30 Mittwoch: Lukas 22, 31-38 Donnerstag: Lukas 22, 39-46 Freitag: Lukas 22, 47-53 Samstag: Lukas 22, 54-62