Nach der Veröffentlichung der bundesweiten Missbrauchsstudie zur evangelischen Kirche und Diakonie hat die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe die von sexualisierter Gewalt betroffenen Menschen um Entschuldigung gebeten. „Kirche und Diakonie haben gegenüber ihnen anvertrauten Menschen versagt“, sagte Diakonie-Vorständin Kirsten Schwenke am Donnerstag in Düsseldorf dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dieser Vertrauensbruch beschäme sie zutiefst. „Wir erkennen das Leid der betroffenen Menschen an und bitten sie um Entschuldigung“, sagte Schwenke.
Die Diakonie-Vorständin kündigte an, dass die Strukturen kritisch reflektiert würden. Die sogenannte ForuM-Studie werde dabei helfen, „unsere Konzepte für Prävention und Schutz systematisch weiter zu verbessern“. Das bleibe eine Daueraufgabe. „Unsere Einrichtungen müssen Orte sein, in denen man gut und geschützt leben und arbeiten kann“, unterstrich Schwenke.
In Kirchen und diakonischen Einrichtungen müsse gemeinsam eine Kultur der Achtsamkeit geschaffen werden, erklärte Schwenke weiter. Vor allem gehe es darum, „wie Einrichtungen ein Umfeld schaffen können, das sexualisierter Gewalt gar keinen Raum bietet“.
Der interdisziplinäre Forschungsverbund „Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen“ (ForuM) hatte zuvor seine 871 Seiten umfassende Untersuchung in Hannover vorgestellt. Demnach gab es in der evangelischen Kirche und Einrichtungen der Diakonie weit mehr sexualisierte Gewalt als bislang angenommen. In der Studie ist die Rede von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern. Erstellt wurde sie Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Seit der Einrichtung der Fachstelle zum Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung (FUVSS) im Jahr 2013 sind nach Angaben der Diakonie RWL auf ihrem Gebiet 302 Anträge auf Anerkennung von Leid eingegangen, darunter auch Zweitanträge. Die Zahl der bislang bekannten Betroffenen seit 1947 bezifferte die Diakonie auf 201. Bislang zahlte die Diakonie RWL an Anerkennungsleistungen insgesamt eine Summe von rund 2,8 Millionen Euro, die einzelnen Zahlungen lagen zwischen 5.000 und 50.000 Euro.
Für die ForuM-Studie, die den Zeitraum bis 2020 umfasst, lieferte die Diakonie RWL 167 beschiedene Fälle aus ihrem Bereich zu. In diesen Fällen wurden insgesamt 845.000 Euro an Anerkennungsleistungen gezahlt.