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Der Wortbruch des Friedrich Merz

Der Bundestag hat den Fünf-Punkte-Plan zur Asylpolitik beschlossen. Mit den Stimmen der AfD, auch wenn CDU-Chef Merz das ausgeschlossen hatte. Ein verheerendes Signal, kommentiert Timo Teggatz.

Keine Abstimmung mit der AfD! CDU-Chef Friedrich Merz hat sein Wort gebrochen
Keine Abstimmung mit der AfD! CDU-Chef Friedrich Merz hat sein Wort gebrochenImago / Photothek

Es lief eigentlich gut für Friedrich Merz: Im dahin dümpelnden Wahlkampf hatten weder SPD noch Grüne einen Plan, wie sie den CDU-Kanzlerkandidaten stellen sollten. Auch nach der furchtbaren Messerattacke von Aschaffenburg hatte Merz die Deutungshoheit: “An seinem ersten Tag als Kanzler” werde er die Asylregeln verschärfen. Das klang zwar ein bisschen nach Trump, aber es wirkte immerhin noch überlegt.

Doch einen Tag später wurde der CDU-Chef ein Opfer seiner gefürchteten Impulsivität: Innerhalb weniger Tage wollte er einen Fünf-Punkte-Plan durch den Bundestag bringen, keine Kompromisse mit irgendwem machen und notfalls mit der AfD abstimmen.

Migration: Union boxt Fünf-Punkte-Plan durch

Heute ist es dann tatsächlich passiert: Nur dank der Stimmen der Rechtsaußen-Partei hat die Union den europarechtlich und verfassungsrechtlich äußerst bedenklichen Plan im Bundestag durchgeboxt, wenige Stunden nachdem bei einer Gedenkfeier ein Holocaust-Überlebender zu den Abgeordneten sprach. Da muss man erstmal schlucken.

Unser Autor Timo Teggatz
Unser Autor Timo TeggatzStudioline

Damit wir uns richtig verstehen: Natürlich muss die Politik reagieren, das Asyl-Problem wächst besonders Städten und Gemeinden über den Kopf. Zwar sind die Zahlen im vergangenen Jahr zurückgegangen. Aber was die Ampel auf den Weg gebracht hat, kann bestenfalls ein Anfang sein.

Doch das rechtfertigt nicht den Merz’schen Wortbruch: Im November sagte der CDU-Chef, er wolle bis zur Bundestagswahl keine Anträge einbringen, wenn er dafür auf Stimmen der AfD angewiesen sei. Genau das hat er aber jetzt gemacht. Das kritisieren evangelische und katholische Kirche völlig zu recht in einer bemerkenswerten Deutlichkeit.

Dieses Thema sei einfach zu wichtig, heißt es dazu aus der CDU. Was sich auch so deuten lässt: Versprechen von Friedrich Merz gelten nur bei unwichtigen Themen. Ein verheerendes Signal, das ihm noch auf die Füße fallen dürfte. Im Wahlkampf wird er die Frage nach dem Wortbruch in so ziemlich jeder Talkshow beantworten müssen.

Abstimmung wertet AfD auf

Genauso wird die Union beantworten müssen, warum sie mit diesem Schritt die Radikalen von der AfD aufwertet. Dort können sie wahrscheinlich ihr Glück kaum fassen. Sie sind voll im Gespräch und werden plötzlich für Mehrheiten gebraucht – wie bei einer ganz normalen Partei. Und das alles für ein bisschen Symbolpolitik: Denn der Bundestag hat lediglich einen Antrag beschlossen, nichts weiter als eine Empfehlung an die Bunderegierung.

Ob dieses Spiel für die CDU aufgeht, ist fraglich. Eine Umfrage aus den vergangenen Tagen zeigt jedenfalls, dass die Union an Boden verloren hat. Wie gesagt: Es lief gut für die CDU – bis der Kanzlerkandidat ein Opfer seiner Impulsivität wurde.