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Der katholische Reformdialog und die Mühen der Ebene

Der von der katholischen Kirche in Deutschland geplante “Synodale Rat” war für den Vatikan ein rotes Tuch. Nun zeichnet sich ab, wie ein neues Beratungsgremium von Bischöfen und Laien aussehen könnte.

“Wo stünden wir denn, wenn es den Synodalen Weg nicht gegeben hätte?” Der Vize-Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Fuldas Bischof Michael Gerber, gab im gleichen Atemzug die Antwort: Ohne den Reformdialog zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland hätten sich die Gräben wohl eher vertieft. Auf seiner dritten Sitzung blickte der Synodale Ausschuss am Freitag und Samstag in Wiesbaden-Naurod zurück und nach vorn: Fragen nach einer Umsetzung der bisherigen Beschlüsse etwa für mehr Mitbestimmung tauchten auf und nach der Repräsentanz des Gremiums. Aber auch nach der eher geringen Rezeption an der Basis wurde gefragt und danach, wie die gemeinsamen Beratungen von Bischöfen und Laien konkret – und im Einklang mit Rom – verstetigt werden können.

Es zeigten sich bei alledem die Mühen der Ebene. Etwa bei den drei sogenannten Handlungstexten, die zur Abstimmung auf der Tagesordnung standen. Es ging um Maßnahmen gegen Missbrauch an Frauen in der Kirche, um die Situation nicht-heterosexueller Kleriker und um lehramtliche Aussagen zur ehelichen Liebe. Alle drei Papiere hatten seinerzeit jeweils die Erste Lesung beim Synodalen Weg mit sehr großer Mehrheit passiert, konnten aber aus Zeitgründen dort nicht mehr in Zweiter Lesung beschlossen werden.

Wer glaubte, dass die Texte jetzt einfach abgesegnet würden – zumal der Großteil der konservativen Reformkritiker beim Synodalen Ausschuss nicht mehr dabei ist, irrte. Auf erkennbaren Unmut stieß, dass die Abstimmung nun quasi ohne längere Beratung erfolgte. Prompt wurde der Text zu Maßnahmen gegen Missbrauch an Frauen zur weiteren Beratung an die entsprechende Kommission zurückverwiesen.

Das Papier fordert unter anderem, dass die Aufarbeitungskommissionen der Bistümer auch die Missbrauchsfälle von Erwachsenen bearbeiten sollen. Mehrere Bischöfe wendeten ein, dass dies in der Praxis kaum leistbar sei. Das grundsätzliche Anliegen des Papiers freilich teilten auch die Kritiker. Auch der Handlungstext zu “Lehramtlichen Aussagen zur ehelichen Liebe” ging zurück zur Weiterbearbeitung.

Immer wieder tauchten Fragen nach Wirksamkeit, Repräsentanz und Repräsentation auf. Selbstkritisch fragten sich die Teilnehmenden, wie sie etwa Nicht-Akademiker, junge Menschen und Minderheiten einbinden und erreichen könnten – aber auch konserverativere Meinungen. Nicht nur Vertreter der Jugendverbände erklärten, dass die Ergebnisse der Weltsynode in Rom wie auch die Papiere des deutschen Reformdialogs kaum von der Basis rezipiert würden.

Nicht zuletzt auch deshalb soll eine Kommission die Umsetzung der Beschlüsse des vorangegangenen Synodalen Wegs evaluieren. Im Februar geht ein Fragebogen an alle Bischöfe. Erfasst wird, was bereits auf den Weg gebracht wurde, was nicht – und warum. Letzteres hatten die Bischöfe in der Diskussion eingefordert. Mehrere von ihnen äußerten, dass sie nicht als “Controller” oder “Aufsichtsrat” fungieren wollten. Kirchenrechtlich ist jeder Bischof frei, ob er die Beschlüsse des Reformdialogs in seinem Bistum umsetzt.

Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer mahnte: “Unsere Gruppe hier ist schon ein starker Thinktank, allerdings weniger eine politische Vertretung aus den Bistümern. Zur Bildung des Synodalen Ausschusses mag das reichen. Aber für die Umsetzung der Beschlüsse und für eine zukünftige Synodalität in Deutschland ist dies deutlich zu wenig.” Zudem forderte er eine stärkere strategische Kommunikation, gerade auch auf internationaler Ebene: “In den vergangenen Jahren haben wir die Resonanz in den benachbarten Ländern und in den ausländischen Medien unterschätzt”, so Wilmer “Wir brauchen mehr Gespräche.”

Das gilt auch für die Kommunikation in Richtung Rom. Für das erste Quartal 2025 ist das nächste Treffen mit hochrangigen Vatikan-Vertretern in Rom geplant, bei dem die Ergebnisse von Wiesbaden-Naurod vorgestellt werden sollen. Im Zentrum dürfte das künftige nationale synodale Gremium stehen, in dem Bischöfe und Laien zentrale Fragen, auch mit Blick auf Finanzen, gemeinsam beraten und entscheiden wollen. Es bereitete dem Vatikan bisher die meisten Bauchschmerzen und heißt auf römischen Wunsch nicht mehr, wie ursprünglich geplant, Synodaler Rat.

Der Ausschuss trug in Naurod Ideen für mögliche Kompetenzen, Zusammensetzung und Modi der Beschlussfassung zusammen. In den kommenden Monaten soll ein erster Satzungsentwurf erarbeitet werden. Erkennbar wurde, dass es in den Details noch schwierig werden dürfte, gerade auch was die Zusammensetzung betrifft, dass man aber definitiv keinen Affront mit Rom anstrebt.

“Der Synodale Ausschuss ist in eine entscheidende Phase seiner Arbeit eingetreten”, bilanzierte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp. Im Mai geht es in Magdeburg bei der nächsten Sitzung des Ausschusses weiter.