An diesem Vorweihnachtstag ist im Außenbereich der Nürnberger Natur-Erlebnis-Gärtnerei nicht viel los. Kein Kunde interessiert sich für Weihnachtsbäume in Bio-Qualität, die der Werkstättenbetrieb für Menschen mit Behinderung dort seit Jahren anbietet. Patrick Martin, einem von 34 Mitarbeitenden der „Noris Inklusion“, ist trotzdem nicht langweilig. Er steht an der Kasse, verkauft Weihnachtsdekoartikel aus Holz oder hilft bei der Auswahl von Weihnachtssternen aus eigenem Anbau – ein riesiges Blütenmeer in Rot, Weiß und Rosé.
„Bio-Weihnachtsbäume sind immer noch ein Nischensegment“, sagt der Waldreferent vom Bund Naturschutz (BN), Ralf Straußberger. Er appelliert an Verkäufer, Waldbesitzer und Plantagenbesitzer, mehr Bio-Bäume anzubieten. Von den jährlich bis zu 25 Millionen Christbäumen in deutschen Wohnzimmern sei nur ein kleiner Teil aus Bio-Produktion. Immerhin wachse das Angebot „langsam, aber stetig“.
Das Geschäft mit den Bio-Weihnachtsbäumen hat „Noris Inklusion“ erst vor ein paar Jahren gestartet, berichtet Marktleiter Andreas Oehlandt. Vor sieben Jahren habe man vorsichtig mit 50 Bäumen begonnen. „Bio-Weihnachtsbäume stehen für Nachhaltigkeit und einen geringeren CO2-Ausstoß“, sagt Oehlandt. Zumal konventionelle Bäume oftmals aus Dänemark nach Franken geliefert würden. Für das anstehende Christfest bietet er dieses Mal 1.500 Exemplare aus dem unterfränkischen Landkreis Main-Spessart an. Dem gegenüber stehen rund 280.000 Nürnberger Haushalte.
Beim Weihnachtsbaumverkauf macht Martin unterschiedliche Erfahrungen: „Manche Kunden entscheiden sich gleich für den ersten Bio-Baum“, berichtet er von seinen Verkaufsgesprächen. „Andere lassen sich schon mal sechs Bäume aus dem Netz auspacken und vorführen, um dann doch den ersten zu nehmen.“ „Ich bin ein Mann für alles“, berichtet Martin stolz, der seit der ersten Stunde bei der Gärtnerei arbeitet. Er hilft auch seinen Kunden, einen gekauften Christbaum im Auto zu verstauen. Das sei anstrengend, denn je nach Größe habe ein Baum ein Gewicht von bis zu 20 Kilogramm.
Sein Chef Oehlandt hat sich auch entschieden, sogenannte „Bio-Helden“ anzubieten. „Das sind Bäume mit Charakter“, stellt er fest, sie haben etwa drei oder vier Spitzen statt einer und beim Nadelkleid manche Lücke statt eines gleichmäßigen Wuchses. „Meine Bäume dürfen einen Makel haben“, erklärt manche Kundin oder mancher Kunde und lässt sich ein schiefes Exemplar ins Transportnetz wickeln. Es gibt auch Bio-Bäumchen im Topf, die auf den ersten Blick von anderen Topf-Christbäumen nicht zu unterscheiden sind. Sie sind aber im Topf gewachsen und nicht nachträglich mit einem Ballenstecher ausgegraben und eingetopft worden. Dadurch sei das Wurzelwerk auch nicht beschädigt, erklärt Oehlandt.
Auch Patrick Martin weiß alles über Weihnachtsbäume, stellt sich selbst zu Hause aber keinen auf. „Ich sehe die Bäume acht Stunden am Tag“, begründet er das. Aber seine Arbeit macht ihm Spaß. Wenn ein Baum noch etwas gekürzt werden soll, greifen er oder einer seiner Kollegen zur Kettensäge. Oder er spitzt mit den Werkstatt-Mitarbeitern Karim Rahimi aus Afghanistan oder Kim Lekphet Songyot aus Thailand den Weihnachtsbaum an, damit er bei den Kunden gut in die Halterung passt.