Schon seit Jahren zeichnet sich in Deutschland ein demografischer Trend ab, der in mehrfacher Hinsicht Anlass zur Sorge gibt. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung steigt, während die Einwohnerzahl langfristig abnimmt. Ursache dafür ist zum einen die im Vergleich zu früher höhere Lebenserwartung, die sich vor allem durch die Fortschritte in der Medizin erklären lässt. Zum anderen gibt es in Deutschland bereits seit 1972 jedes Jahr mehr Sterbefälle als Geburten. Daraus resultieren Probleme in den unterschiedlichsten Bereichen. In der gesetzlichen Rentenversicherung stehen immer weniger Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern immer mehr Bezugsberechtigte gegenüber. Die Zahl der Pflegebedürftigen nimmt zu, während es zunehmend schwieriger wird, das für ihre Betreuung notwendige Personal zu gewinnen und auszubilden. Und viele Unternehmen haben schon heute Schwierigkeiten, freie Stellen mit qualifizierten Fachkräften zu besetzen.
Geburtenrückgang hat zuletzt deutlich zugenommen
Im internationalen Vergleich gehört Deutschland zwar zu den Ländern mit einer geringen Säuglingssterblichkeit, und die medizinische Versorgung von Frauen mit Kinderwunsch beziehungsweise während der Schwangerschaft erfolgt auf einem hohen Niveau. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und eine ärztliche Begleitung in den Monaten vor und nach der Geburt sind hierzulande ebenso selbstverständlich wie die Verfügbarkeit von eventuell benötigten Nahrungsergänzungsmitteln für die Schwangerschaft, Medikamenten oder diagnostischen Möglichkeiten. Dennoch hat sich der Geburtenrückgang in der jüngsten Vergangenheit deutlich verstärkt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg der Überschuss der Sterbefälle im Vergleich zu den Geburten in den Jahren 2022 und 2023 sogar auf 327.522 beziehungsweise 334.897 Fälle. Dies entspricht in etwa der Einwohnerzahl einer Großstadt wie Münster oder Bonn. Dass die Bevölkerung Deutschlands nicht im selben Maße abgenommen hat, sondern sogar noch etwas gestiegen ist, liegt allein daran, dass die Nettozuwanderung den Sterbeüberschuss kompensieren konnte. Um dem demografischen Wandel langfristig begegnen zu können, muss die Politik gleichwohl einige Herausforderungen meistern.
Wie Deutschland dem demografischen Wandel entgegenwirken kann
Prognosen zeigen, dass in Deutschland auch unter Berücksichtigung von Zuwanderungseffekten spätestens um 2030 oder kurz danach bei etwa 85 Millionen Personen ein Höchststand der Einwohnerzahl erreicht werden dürfte, auf den dann ein Bevölkerungsrückgang folgt. Angesichts der eingangs genannten Probleme, die aus dem steigenden Altersdurchschnitt bei rückläufiger Bevölkerungszahl resultieren, stellen sich der Politik vor allem zwei wichtige Aufgaben. Erstens wäre es wünschenswert, den gegenwärtig sehr hohen Sterbeüberschuss durch eine wieder steigende Geburtenrate zu reduzieren. Hier gilt vor allem eine stärkere Unterstützung von Schwangeren und jungen Familien bei der Vereinbarung von Berufstätigkeit und Kinderbetreuung als wesentlicher Schlüsselfaktor. Dabei geht es nicht nur um finanzielle Maßnahmen, sondern insbesondere auch um organisatorische Lösungen wie Teilzeitmodelle, flexible Arbeitszeiten und Ähnliches. Zudem stellt die nach wie vor unzureichende Versorgung mit Angeboten für die Tagesbetreuung von Kindern in vielen Regionen Deutschlands ein erhebliches Problem dar. Die zweite wichtige Aufgabe sind die Bemühungen um eine moderne, zielorientierte Einwanderungspolitik. Im Unterschied zu Staaten wie Australien, Kanada oder den USA hat sich Deutschland über lange Zeit hinweg nicht als Einwanderungsland verstanden und kaum Ansätze für eine systematische Einwanderungspolitik entwickelt. Dies ist jedoch gerade deshalb besonders wichtig, weil Deutschland unter Studierenden oder auswanderungswilligen qualifizierten Fachkräften aus anderen Ländern nicht unbedingt die erste Wahl ist. So ziehen viele Menschen aus bevölkerungsreichen Ländern wie Indien, Pakistan oder Nigeria allein schon wegen ihrer englischen Sprachkenntnisse oftmals eine Auswanderung nach Australien, Nordamerika oder Großbritannien vor. Durch eine systematische Förderung der Einwanderung aus diesen Zielgruppen könnte Deutschland seine demografischen Probleme zumindest teilweise lindern. Auch im Bereich der Fluchtmigration besteht noch erhebliches Optimierungspotenzial, vor allem mit Blick auf die Anerkennung von Qualifikationen und einen früheren Zugang zum Arbeitsmarkt.