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Das lange Warten auf die Moschee

Eine ehemalige evangelische Kirche in Hamburg wird seit fünf Jahren zu einer Moschee umgebaut. Wegen des Denkmalschutzes dauert die Sanierung lange – und kostet Millionen.

Der Umbau zur Moschee ist in vollem Gang
Der Umbau zur Moschee ist in vollem GangPhilipp Reiss / epd

Hamburg. Schon seit fünf Jahren wird in Hamburg eine ehemalige Kirche zu einer Moschee umgebaut. Immer wieder verzögerten sich die Arbeiten. Auch im ersten Halbjahr 2018 wird es aller Voraussicht nach keine Eröffnung geben. "Wir hoffen auf einen Einzugstermin im dritten oder vierten Quartal 2018", sagt Daniel Abdin, Vorsitzender der muslimischen Al-Nour-Gemeinde. Festlegen will er sich aber nicht: "Sicher ist derzeit nur: Wir ziehen nicht in die Moschee ein, bevor nicht die letzte Schraube in der Wand steckt." 
Probleme bereitet derzeit vor allem der 44 Meter hohe Turm der einstigen evangelischen Kapernaum-Kirche im Stadtteil Horn. Turmsanierungen sind wegen aufwendiger Innen- und Außen-Gerüste generell kompliziert und teuer. Im Fall der Al-Nour-Moschee erschweren Auflagen und Abstimmungen mit dem Denkmalschutz die Arbeiten. "Nahezu jeder Stein und jedes Kilo Mörtel ist genehmigungspflichtig", sagt Abdin. Er befürchtet, dass die Erledigung des bürokratischen Papierkrams noch den ganzen Winter über dauern kann.

Aus Kostengründen entwidmet

Anfangs gab es bei aller Euphorie auch kritische Stimmen. Immerhin untersagten offizielle Bestimmungen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) den Verkauf von Kirchen an islamische Gemeinschaften. Doch als Al-Nour (arabisch: das Licht) das Gebäude Ende 2012 erworben hatte, war es schon über zehn Jahre lang keine Kirche mehr gewesen. Die Kapernaum-Kirche war schon 2002 aus Kostengründen entwidmet und an einen Investor verkauft worden. Dessen Projekt-Ideen zur Umnutzung zerschlugen sich. Das 1961 errichtete Gebäude verfiel, Tauben nisteten in den Fensterrahmen, im Turm bröckelte der Beton.
Die auf 1,5 Millionen Euro veranschlagten Umbauten sollten zum Jahresbeginn 2013 starten, die Eröffnung der Al-Nour-Moschee dann im Oktober 2013 zum "Tag der offenen Moschee" stattfinden. Doch Frühjahr und Sommer 2013 vergingen mit der Prüfung von Bauplänen und dem Warten auf Baugenehmigungen. Erst im September 2013 begannen die Arbeiten. Die Eröffnung wurde auf Anfang 2014 verschoben – "wieder ein allzu optimistischer Termin, der sich nicht halten ließ", wie Abdin rückblickend sagt. Seitdem hält er sich mit Prognosen zurück: "Ich lasse mich auf nichts mehr festnageln."

Größte Spende aus Kuwait

Der Umbau gestaltete sich schwierig. Zur Installation einer Fußbodenheizung musste die gesamte Grundfläche des Innenraums bis zu zwei Meter tief aufgebaggert werden. Zwölf Stützpfeiler für die neue Gebetsempore wurden installiert, alle Wände neu verputzt, schadhafte Steine ausgewechselt. "Manche zerbröselten, wenn man sie aus den Mauern zog", sagte Bauleiter und Architekt Ilan Jorge.
Die Kosten stiegen von 1,5 Millionen Euro auf zwei, dann zweieinhalb und schließlich auf 3,5 Millionen Euro. "Am Ende werden es jetzt wohl sogar vier bis fünf Millionen Euro werden", sagt Abdin. Das Geld stammt zumeist aus Spenden, die größte Einzelsumme von einer Million Euro kam aus Kuwait.
Gepunktet hat das 1993 gegründete islamische Zentrum Al-Nour stets mit großer Offenheit. Die mehr als 2.500 Mitglieder kommen aus über 30 Nationen und praktizieren kulturelle Vielfalt. Dafür steht ihnen bislang aber nur eine Tiefgarage im Stadtteil St. Georg zur Verfügung. "Wir Muslime wollen raus aus dem Hinterhof", sagt Gemeindechef Abdin, der sich auf Bezirksebene auch in der SPD engagiert. Die Moschee soll nach seinen Worten zu einem "interreligiösen Begegnungszentrum für ganz Hamburg" werden.

Evangelische Gemeinde schenkte Apfelbaum

Der Dialog mit der Nachbarschaft klappt offenbar ausgezeichnet. Mehrfach fanden "Tage der offenen Baustelle" statt, es wurden Vorträge, Diskussionen und kleinere Feste veranstaltet – immer dann, wenn ein Bauabschnitt fertig war. Auch die inzwischen in Ägypten wirkende US-Generalkonsulin Nancy Lynn Corbett schaute immer mal vorbei. 
Die evangelischen Nachbargemeinden schenkten der Al-Nour-Moschee bei einem "Willkommensfest" im April 2013 ein Apfelbäumchen. "Daraus ist mittlerweile ein Baum geworden", sagt Abdin. "Aber er wächst, gedeiht und trägt Früchte." (epd)