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Das Krisenjahr 1923

Der Hitler-Ludendorff-Putsch stand am Ende des berüchtigten Jahrs 1923. Der Ruhrkampf, die Hyperinflation, Umsturz- und Abspaltungsversuche erschütterten vor 100 Jahren die Weimarer Republik.

* RUHRBESETZUNG: Im Streit über die Zahlung von Reparationen besetzen französische und belgische Truppen im Januar das Ruhrgebiet. Die Reichsregierung reagiert mit passivem Widerstand und einem Generalstreik. Die Besatzer nehmen sich Reparationsleistungen mit Gewalt, radikale deutsche Gruppen verüben Anschläge auf sie. Rund 140 Menschen sterben dabei.

* HYPERINFLATION: Die Geldentwertung ist bereits hoch infolge des Ersten Weltkriegs und des Versuchs der Reichsregierung, die Reparationen per Notenpresse zu bezahlen. Im Juni gerät die Inflation völlig außer Kontrolle, weil der passive Widerstand gegen die Ruhrbesetzung viel Geld verschlingt, denn die Industrieproduktion steht zeitweise still und streikende sowie aus dem Ruhrgebiet ausgewiesene Arbeiter müssen bezahlt werden. Die Reichsregierung bleibt flüssig, indem sie Kredite aufnimmt und zudem mehr Geld drucken lässt. 30 Papierfabriken und mehr als 130 Druckereien sind rund um die Uhr mit der Herstellung von Papiergeld beschäftigt, dessen Wert beständig sinkt. Der Schein mit dem höchsten Wert ist schließlich die 100-Billionen-Mark-Note.

* RECHTSDIKTATUR IN BAYERN: Gustav von Kahr errichtet im September als „besonderer Staatskommissar“ ein diktatorisches Regime in Bayern. Reichspräsident Friedrich Ebert (SPD) verhängt Ende September den Ausnahmezustand, aber der mit der Rechten sympathisierende Chef der Heeresleitung, Hans von Seeckt, verhindert die Entsendung von Truppen gegen Bayern. Die bayerische Regierung arbeitet ihrerseits am Sturz der Reichsregierung in Berlin. Sie will Seeckt für einen Militärputsch gewinnen, aber der schreckt davor zurück.

* UMSTURZPLAN DER KOMMUNISTEN: Ab September rüstet die KPD „Proletarische Hundertschaften“ aus, mit Geld und praktischer Hilfe aus der Sowjetunion. Die Revolution soll von Sachsen und Thüringen ausgehen, wo die KPD seit dem 10. beziehungsweise dem 16. Oktober mitregiert. Die Reichsregierung schickt Truppen nach Thüringen und Sachsen, die die kommunistischen Regierungsbeteiligungen beenden.

* SEPARATISMUS IM RHEINLAND: Unterstützt von Frankreich rufen Separatisten am 21. Oktober eine „Rheinische Republik“ aus und am 12. November eine „Autonome Pfalz“. Die Reichsregierung kann keine Truppen schicken, weil das Rheinland laut Versailler Vertrag entmilitarisiert ist. Die Separatisten haben aber kaum Rückhalt in der Bevölkerung, sodass ihre Vorhaben scheitern.