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Position beziehen: Tipps gegen rechtes Gedankengut im Alltag

Demokratie und Menschenrechte sind kein Selbstläufer, sie müssen gelebt und geschützt werden – jeder Mensch ist gefordert. Wir geben Tipps für den Diskurs mit rechtsextremen Positionen.

Das Bewusstsein gegen rechtes Gedankengut zu demonstrieren, ist in den letzten Wochen gewachsen
Das Bewusstsein gegen rechtes Gedankengut zu demonstrieren, ist in den letzten Wochen gewachsenImago / Funke Foto Services

Auf den Massendemonstrationen gegen Rechtsextremismus war immer wieder der Appell zu hören: Demonstrieren alleine reiche nicht, jeder Einzelne müsse sich im Alltag gegen menschenverachtende Parolen wenden und sich für Demokratie einsetzen – im Freundeskreis und Verein, in der Familie und Schule, am Arbeitsplatz, in der Kneipe, in Bus und Bahn. Doch wie kann das gelingen? Das wissen die Mobile Beratung Niedersachsen gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und der vor rund 40 Jahren gegründete Düsseldorfer Antirassismus-Verein Mach meinen Kumpel nicht an. Julia Pennigsdorf vom Evangelischen Pressedienst (epd) hat die Antworten zusammengetragen.

Ich möchte unangenehmen Diskussionen nicht aus dem Weg gehen. Wie reagiere ich am besten auf rechte Parolen?
Wichtig sei es, sich klarzumachen, dass es nicht immer möglich sein wird, die Menschen zu erreichen, insbesondere dann nicht, wenn sich ihr rechtes Weltbild bereits manifestiert hat, sagt Jan Krieger von der Mobilen Beratung. Dennoch sei es wichtig, Position zu beziehen: „Falls sich die Person auf ein Gespräch einlässt, sollten Regeln vereinbart werden, etwa sich gegenseitig ausreden zu lassen.“ Sinnvoll sei es auch, sich auf einen Wertekonsens wie die Menschenrechte zu einigen. Wer merkt, dass die menschenfeindlichen Aussagen auf persönlich erfahrene Ungerechtigkeiten zurückzuführen sind, könne sich empathisch zeigen und gleichzeitig deutlich machen, dass er es nicht okay findet, dafür bestimmten Gruppe die Schuld zu geben. Hilfreich sei es auch, dem anderen die Konsequenzen seiner menschenfeindlichen Haltung vor Augen zu führen. „Denn diese legitimiert häufig Gewalt.“

Und was ist, wenn ein Gespräch, eine Argumentation unmöglich erscheint?
Eine Option ist dem Ratgeber „Mach meinen Kumpel nicht an“ zufolge, zur eigenen Verblüffung und Sprachlosigkeit zu stehen und diese deutlich zu machen. Wer etwa bei einer rechten Behauptung wie „Die ganzen Scheinasylanten leben und schmarotzen hier auf unsere Kosten“ nicht weiterwisse, könne sagen: „So einen Spruch hätte ich jetzt nicht erwartet“, „Das kann doch nicht Dein Ernst sein“ oder mit ironischer Distanz „Wie Du das wieder alles überblickst“ oder „Wenn Du das brauchst…“ Auch aktives Ignorieren mit Worten wie „Dazu sage ich jetzt nichts“ sei eine Möglichkeit, eine deutliche Abgrenzung zu erzielen.

Ich möchte die rechte Diskussion oder Beschimpfung am liebsten einfach schnell beenden und mich nicht streiten
Dafür eignet sich laut „Mach meinen Kumpel nicht an“ die sogenannte Umlenkung der Diskussion. So könne man etwa auf die Behauptung „Bei den Asylanten gibt es doch genug Drogenhändler, die sich hier einen faulen Lenz machen“ erwidern: „Ja, und die größte Sauerei ist, dass die Mehrzahl der Asylsuchenden hier in kaum menschenwürdigen Behausungen ohne Rechte und Chancen vegetieren muss. Das ist doch ein Unding.“

Warum fällt es so schwer, mit rechtsextremen Positionen umzugehen?
Wer mit einem rechtsgerichteten Gesprächspartner zu tun hat, kommuniziere in der Regel nicht nur mit einem Menschen, sondern mit einer ganzen Gruppe, die ähnlich denkt, heißt es bei „Mach meinen Kumpel nicht an“. Unter Druck handelten Menschen oft „wie auf Autopilot“. Sie atmen nicht richtig, sprechen schnell und hektisch, die Muskelanspannung erhöht sich. Um die Situation im Griff zu behalten, sei es sinnvoll, den Blickkontakt zur provozierenden Person zu brechen, den Blick schweifen zu lassen, sich gerade aufzurichten, um sich zu vergrößern, kurze, klare Ansagen zu machen, mit fester Stimme und langsam, mit Pausen zu sprechen.

Diskussionen mit Rechtsextremen enden bei mir stets emotional und einem Gefühl der Ohnmacht. Sollte ich diese Emotionalität vermeiden?
Jan Krieger von der Mobilen Beratungsstelle versteht, dass es schwer ist, die eigenen Emotionen beiseitezuschieben. „Es ist völlig okay, Wut und Empörung über das Gesagte zum Ausdruck zu bringen“, sagt er. Es sei aber auch wichtig, während des Gesprächs die eigenen Bedürfnisse und Grenzen im Blick zu behalten. „Manchmal hilft alles nichts und dann ist es vollkommen okay, das Gespräch abzubrechen.“

Demos, Gespräche, Position beziehen: Wie kann ich mich darüber hinaus gegen Rechtsextremismus und für Demokratie engagieren?
Wichtig sei es, sich mit Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt und Bedrohung solidarisch zu zeigen, sagt Krieger. „Mehr Menschen sollten sich zudem wieder ehrenamtlich und sozial engagieren, damit vorpolitische Felder nicht den Rechten überlassen werden.“ Auch Spenden für zivilgesellschaftlich engagierte Vereine und Institutionen, die Teilnahme an Bündnissen gegen Rechts und die Organisation von Veranstaltungen wie Vorträgen, Podiumsdiskussionen seien Möglichkeiten, sich gegen den verstärkten Rechtsruck in der Gesellschaft zu engagieren.