Altbundespräsident Christian Wulff hat Musliminnen und Muslime zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme antisemitischer Inhalte im Islam aufgerufen. Muslimischer Judenhass reiche bis in die islamische Geschichte zurück und sei bei einem Teil der Muslime seit ihrer Erziehung vorhanden, sagte Wulff bei der diesjährigen Fachtagung der Deutschen Islamkonferenz am Dienstag in Berlin. In diesem Zusammenhang verwies er auf das in diesem Jahr erschienene Buch “Die Juden im Koran: Ein Zerrbild mit fatalen Folgen” des Freiburger Islamwissenschaftlers Abdel-Hakim Ourghi.
Muslime müssten sich dieser Geschichte stellen, betonte Wulff. Es müsse klar sein, dass man nicht im Medina des siebten Jahrhunderts lebe, wo Juden diskriminiert und ermordet wurden, sondern an der Schwelle zum Jahr 2024.
Aus “innerer Überzeugung” wiederhole er seinen bekannten Satz “Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland”, fügte Wulff hinzu. Mit dieser Aussage hatte er als damaliger Bundespräsident 2010 eine gesellschaftliche Debatte und teils scharfen Widerspruch ausgelöst. Allerdings gelte auch: “Wir müssen Antisemitismus ebenso bekämpfen, wie wir den Import von Antisemitismus verhindern müssen.”
Wulff verurteilte insbesondere Äußerungen des Chefs der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas, der Israel als “rostigen Dolch im Herzen der islamischen Welt” bezeichnet hatte. Islamische Theologen, die ein solches Niveau predigten, dürften sich über Kritik nicht wundern, so Wulff.
Der Altbundespräsident ist Vorsitzender des Kuratoriums des “Islamkollegs Deutschland” in Osnabrück. Dort wird seit 2021 erstmals Moscheepersonal ausschließlich in deutscher Sprache ausgebildet. Die Einrichtung entstand auf Initiative der Deutschen Islamkonferenz, seit 2006 die zentrale Plattform für den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den Muslimen in Deutschland.