Nach deutlicher Kritik der Kirchen an der Union für ihre Migrationspolitik scheint sich die Stimmung zum Parteitag entspannt zu haben. Das dort zu verabschiedende Sofortprogramm bleibt in der Migrationsfrage indes hart.
Mit einem ökumenischen Gottesdienst, Protesten am Boden und in der Luft sowie nicht enden wollendem Delegierten-Applaus für Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat am Montag der CDU-Parteitag in Berlin begonnen. Sowohl rund um die evangelische Grunewaldkirche als auch am Veranstaltungsort nahe der Messe waren die Sicherheitsvorkehrungen hoch.
Der Leiter des Katholischen Büros, Prälat Karl Jüsten, rief in seiner Predigt am Morgen die Partei zu Weltoffenheit, Toleranz und Gerechtigkeit auf. Merz nahm er dabei direkt in die Pflicht: Die Kirche vertraue darauf, dass die CDU mit ihrem Kanzlerkandidaten hier Wort halte.
Merz wiederum bedankte sich im Anschluss beim Parteitag vor den gut 1.000 Delegierten als erstes bei den beiden Kirchen für den eindrucksvollen Gottesdienst: “Das war ein guter Start in den heutigen Tag.”
Nach den umstrittenen Abstimmungen über Unionsvorhaben zur Verschärfung der Migrationspolitik mit AfD-Beteiligung waren Kirchenvertreter und CDU-Politiker erstmals offiziell wieder zusammengekommen. Das Verhältnis zwischen Union und Kirchen galt seit der vergangenen Woche als angespannt. In einer Stellungnahme hatten die Kirchen die Migrationsvorhaben deutlich kritisiert.
In einem Begleitschreiben warnten Jüsten und die Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche bei der Bundesrepublik, Anne Gidion, davor, eine Zustimmung zu Gesetzentwürfen mit AfD-Beteiligung in Kauf zu nehmen. Der Gesetzentwurf der Union, der unter anderem den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte abschaffen will, war am Freitag trotz Zustimmung der AfD gescheitert, auch weil zwölf Unionsabgeordnete ihre Stimme nicht abgaben.
Rund um den Parteitag gab es zahlreiche Demonstrationen. Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche schickte “eine Mahnung an die CDU in den Berliner Himmel”. Am Vormittag kreiste ein Flugzeug mit einem Banner und der Aufschrift: “CDU – UNCHRISTLICH” über dem Messegelände. Bereits am Wochenende und in den Tagen zuvor hatte es Proteste mit mittlerweile Hunderttausenden Menschen bundesweit gegeben. Teils wurden CDU-Büros und CDU-Abgeordnete attackiert.
Jüsten kritisierte die Angriffe von Demonstranten: “Als Kirchen verurteilen wir es auf Schärfste, wenn Parteibüros besetzt werden und die dort Arbeitenden in Angst und Schrecken versetzt werden, wenn im Netz Politikerinnen und Politiker mit Mord bedroht werden, wenn der politische Gegner herabgesetzt und entwürdigt wird, ja, wenn Menschen Angst haben, überhaupt noch Politik zu machen, weil sie die ständige Bedrohungslage nicht mehr aushalten.” Er dankte Politikern umso mehr für ihren Einsatz. Manchmal brauchten sie ein “hartes Fell, das alles auszuhalten”.