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Bundesverfassungsgericht: Kein spurloses Verschwinden in der Haft

Ein Gericht muss bei Anordnung einer Abschiebehaft Angehörige oder andere Vertrauenspersonen des betroffenen Ausländers selbst darüber informieren. Kann der Ausländer, etwa wegen eines leeren Handyakkus, keine Angaben zu genauen Kontaktdaten von Vertrauenspersonen machen, müsse das Gericht das Aufladen des Telefons ermöglichen, stellte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss klar (Az: 2 BvR 846/22).

Konkret ging es um einen Algerier, der nach einem erfolglosen Asylantrag zur Sicherung seiner Abschiebung in Haft genommen wurde. Die zuständige Haftrichterin informierte den Mann über die Möglichkeit, dass Angehörige oder Vertrauenspersonen über die Haft informiert werden. Der Betroffene hatte angegeben, dass sein Handyakku leer sei und er sich an keine Telefonnummern erinnern könne. Er wolle später aus der Haft heraus telefonieren.

Der mittlerweile anwaltlich vertretene Mann erhob schließlich Verfassungsbeschwerde. Das Grundgesetz sehe vor, dass über die richterliche Anordnung einer Haft unverzüglich ein Angehöriger oder eine Vertrauensperson benachrichtigt werden muss. Dies bestätigte nun das Bundesverfassungsgericht. Es wies darauf hin, dass mit der Unterrichtung von Vertrauenspersonen ein spurloses Verschwinden von Menschen in der Haft verhindert werden soll.

Die zuständige Haftrichterin hätte laut Verfassungsgericht dem Mann das Aufladen seines Handys erlauben müssen. Es gehöre auch zur Pflicht des Gerichts, die entsprechenden Personen selbst zu informieren. Gegebenenfalls müsse es von Amts wegen Ermittlungen über zu unterrichtende Vertrauenspersonen anstellen. Die Information, dass der Ausländer die Möglichkeit habe, Kontakt mit Vertrauenspersonen aufnehmen zu können, reiche nicht.