Eine gerichtlich erlassene Restschuldbefreiung soll insolventen Verbrauchern auch tatsächlich einen wirtschaftlichen Neustart ermöglichen. Hat ein Verbraucher Beitragsschulden bei einem Sozialversicherungsträger, muss er nach einer Restschuldbefreiung keine Verrechnung seiner Verletztenrente fürchten, urteilte am Dienstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. (AZ: B 2 U 11/22 R)
Im konkreten Fall ging es um den Inhaber einer Baufirma aus dem Raum Frankfurt/Oder. Er war mit Beiträgen bei der Berufsgenossenschaft im Rückstand. Wegen eines Arbeitsunfalls erhielt der Mann seit 1999 von dem Unfallversicherungsträger eine Verletztenrente.
Als am 1. Dezember 2010 über sein Privatvermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, konnte nur ein kleiner Teil der Beitragsschulden an die Berufsgenossenschaft zurückgezahlt werden. Nachdem das Amtsgericht nach sechs Jahren dem Kläger die Restschuldbefreiung erteilt hatte, verrechnete der Unfallversicherungsträger die noch offenen Beitragsforderungen mit der Hälfte der unpfändbaren Verletztenrente. Dies können nach dem Gesetz Sozialversicherungsträger verlangen, vorausgesetzt, der Schuldner gerät mit der Forderung nicht in den Bürgergeld- oder Sozialhilfebezug.
Doch das BSG erklärte dieses Vorgehen für rechtswidrig. Sobald eine Restschuldbefreiung erteilt wurde, enden auch die Ansprüche von Sozialversicherungsträgern. Während des Insolvenzverfahrens bestehe das Recht eines Gläubigers zur Aufrechnung, nicht aber nach Erteilung der Restschuldbefreiung. Dass Sozialversicherungsträger gesetzlich ausnahmsweise sogar den unpfändbaren Teil einer Verletztenrente mit den Schulden aufrechnen können, ändere daran nichts.