Es kann jeden treffen: Mehr als 8.000 Menschen in Deutschland warten auf eine Organspende. Doch die Zahl der Spender ist geringer als der Bedarf. Ärzte fordern eine grundlegende Reform.
Deutschland braucht aus Sicht der Bundesärztekammer dringend mehr Organspenden. Zum Tag der Organspende am Samstag appellierte die Standesvertretung der Ärzte (Freitag) an die neue Bundesregierung, unvollendete Reformen der Ampelkoalition wieder aufzugreifen. So sollten Hürden bei der Lebendspende abgebaut werden. Zudem sollte ein neuer Anlauf für eine Widerspruchslösung genommen werden: Dann wäre jeder Bürger nach dem Tod automatisch ein potenzieller Organspender – außer er hat ausdrücklich widersprochen.
Bei der Lebendorganspende lassen sich Menschen eine Niere oder auch Teile von Leber oder Lunge zu Gunsten Schwerkranker entnehmen. Bislang gibt das Transplantationsgesetz vor, dass Spenden Lebender nur für “Personen mit persönlicher Verbundenheit” möglich sind. Damit sollen Organhandel und eine Kommerzialisierung von Organspenden verhindert werden.
Ärztekammerpräsident Klaus Reinhardt verwies jedoch darauf, dass Familienangehörige nicht immer biologisch kompatibel seien. Daher sollte die Überkreuz-Lebendspende ermöglicht werden, fordert er. Betroffene Familien, in denen es Spendewillige, aber keine Übereinstimmung gibt, könnten mit anderen, geeigneten Spender-Empfänger-Paaren tauschen dürfen. Auch anonyme Spenden sollten möglich werden, forderte er. Ein entsprechender Gesetzentwurf war wegen der vorzeitigen Auflösung des Bundestages Ende des Jahres nicht mehr verabschiedet worden.
Ebenfalls unvollendet blieb das Gesetzesvorhaben zur Widerspruchslösung, das die Bundesärztekammer gleichermaßen unterstützt. “Eine solche Regelung würde ein starkes Signal der Solidarität senden”, bekräftigte Reinhardt. Derzeit müssen Bürger zu Lebzeiten ausdrücklich einer möglichen Spende zugestimmt haben, damit Organe entnommen werden können.
Die katholische Kirche plädiert weiterhin für diese Zustimmungslösung. Organspenden seien ein Zeichen von Nächstenliebe. Ein Automatismus in Richtung Organspende könnte das Misstrauen in die Transplantationsmedizin vergrößern.
2024 spendeten laut Deutscher Stiftung Organtransplantation 953 Menschen nach ihrem Tod Organe. Insgesamt wurden inklusive Lebendspenden 2.854 Spenderorgane entnommen. 8.100 Patientinnen und Patienten stehen auf der Warteliste. Die meisten warten auf eine Niere. Pro Jahr sterben Hunderte, weil sich kein passendes Transplantat findet.