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Buchtipp: Christoph Hein “Unterm Staub der Zeit”

Der Autor Christoph Hein hat in seinem neusten Buch “Unterm Staub der Zeit” Autobiografisches verflochten: Seine Jugend als Schul-Grenzgänger zwischen Ost-und Westberlin bis zum Mauerbau 1961.

Buchcover "Unterm Staub der Zeit" von Christoph Hein 2023
Buchcover "Unterm Staub der Zeit" von Christoph Hein 2023promo / Suhrkamp

Ein Schüler, dem in der DDR aus politischen Gründen der Besuch einer Erweiterten Oberschule nicht erlaubt wird, besucht von 1958 bis zum Mauerbau 1961 ein Westberliner Gymnasium. Damit ist der Inhalt des neuen Romans von Christoph Hein kurz beschrieben.

Und aus der Perspektive dieses Jugendlichen werden Schul- und Internatsleben erzählt. An Weltpolitik sind die Jugendlichen nur begrenzt interessiert. Aber die Auswirkungen des sogenannten Kalten Krieges gehen auch an ihnen nicht vorbei. Hein beschreibt das Leben einer Gruppe von Gymnasiasten, die alle aus der DDR stammen. Ihre Eltern sind meist Pfarrer oder Ärzte. Die Tatsache, dass sie aus ideologischen Gründen an ihren Heimatorten keine weiterführende Schule besuchen dürfen, prägt ihre politische Einstellung. Einige von ihnen können während der Ferien nicht zu ihren Familien fahren, weil sie damit rechnen müssen, in einen der berüchtigten Jugendwerkhöfe gesteckt zu werden.

Gebrochenes Bild durch Ostblick in Westberlin

Gut lesbar erzählt der Autor, wie sich die Jungen aus der DDR, es handelt sich um ein Jungeninternat, in der neuen Umgebung einleben, wie sie versuchen, das magere Taschengeld aufzubessern. Sie verkaufen abends Zeitungen in Kneipen, fahren Blumen aus. Sie hören den Prediger Billy Graham und den Rockmusiker Bill Haley, machen erste sexuelle Erfahrungen und leben das Leben junger Leute. Der spätere Schriftsteller erzählt auch persönlich von sich: Früh schon beginnt er, Theaterstücke und Gedichte zu schreiben. Wenn Hein auch persönliche Erfahrungen verarbeitet, darf der Ich-Erzähler David nicht mit dem Autor gleichgesetzt werden.

Durch die Sicht eines Jugendlichen aus der DDR, der in Westberlin lebt, entsteht ein ungewöhnlich gebrochenes interessantes Bild jener Jahre. Die Gespräche zwischen David und seinem Vater wirken gelegentlich hölzern. Aber die einfache, zum Teil ironische, nie wichtigtuerische Sprache macht das Buch zu einer anregenden Lektüre sowohl für Zeitgenossen Christoph Heins (Jahrgang 1944) als auch für Jüngere.

Info: Am 10. Oktober 2023 liest Christoph Hein in der Stadtbibliothek in Bielefeld aus dem Roman. Mehr dazu beim Verlag Suhrkamp.

Buch: Christoph Hein, Unterm Staub der Zeit, Suhrkamp Verlag, Berlin 2023, 220 Seiten, 24 Euro