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Bosnisch-deutsche Filmemacherin: “‘Ausländer raus’ ist zurück”

Als Kleinkind nach Deutschland geflüchtet, wurde sie nach vier Jahren nach Bosnien abgeschoben: Nun fürchtet Melina Borcak, dass syrische Kinder ein ähnliches Schicksal erwarten könnte. Sie fordert eine ehrliche Debatte.

Gegen eine Abschiebung von Kindern in Kriegs- und Krisengebiete spricht sich die bosnisch-deutsche Autorin und Filmemacherin Melina Borcak aus. “Es geht um mentale Gesundheit, die deutsche Wirtschaft und die angeblich unantastbare Würde des Menschen”, schreibt sie in der “Süddeutschen Zeitung” (Freitag). Kinder seien “zu klein, um die Welt zu verstehen”, geflüchtete Kinder aber müssten “erwachsen genug sein, um Krieg und Trauma zu verstehen”, so Borcak, die mit zwei Jahren vor dem Krieg in Bosnien-Herzegowina floh und später dorthin zurückkehren musste.

“Sobald der letzte, vier Jahre dauernde Genozid an bosnischen Muslimen endete, mussten die Ausländer raus”, schreibt die Autorin. Und weiter: “Vielen Syrern könnte es bald ebenso ergehen. Schon am Tag, an dem das Assad-Regime stürzte, forderten Politiker baldige ‘Rückführungen’.” Die größte Gruppe der Asyl-Antragsteller seien Menschen unter 16 Jahren, “denen die Abschiebung in einen Albtraum droht”.

Als sie selbst mit sechs Jahren abgeschoben worden sei, habe sie Bosnien “nur aus Kriegsnachrichten und meinen Albträumen gekannt”, so Borcak. “So wird es wohl auch vielen syrischen Kindern ergehen, die hier aufgewachsen oder sogar geboren sind. Deutschland ist die einzige Heimat, die sie kennen.” Ihr Leben in Frieden werde getauscht gegen eine “Ruinenlandschaft, in der sie wegen ihres deutschen Akzents ausgegrenzt werden und auf dem Weg in die Ruine, die als Schule dient, aufpassen müssen, nicht auf Minen zu treten”.

Wenn perfekt integrierte, “effektiv deutsche” Kinder abgeschoben würden und zugleich Fachkräfte mit Migrationshintergrund rassistische Erfahrungen machten, sei es unehrlich, über Integration zu sprechen, mahnte die Autorin. Die Parole, die ihre Kindheit geprägt habe – “Deutschland den Deutschen, Ausländer raus” – sei zurück, nur in anderem Gewand.