Noch gibt es den Seniorenkreis in fast allen Kirchengemeinden. Doch der Klassiker dürfte schon bald der Vergangenheit angehören, fürchtet Pastorin Dagmar Henze. Grund sei der veränderte Bedarf der über- 60-Jährigen. „Sie wünschen sich Angebote, die ihre Interessen treffen und ihnen Freiheit zur Gestaltung lassen.“
Es ist nicht so sehr das Ende es einstigen „Erfolgsmodells“ kirchlicher Seniorenarbeit, das die Referentin für Alternde Gesellschaft und Gemeindepraxis in der Landeskirche Hannovers mit Sorge erfüllt, es sind die älteren Menschen, für die es in den Gemeinden ihrer Meinung nach nicht mehr genügend neue Angebote gibt, die dem veränderten Bedarf entsprechen und die Lücke schließen könnten. „Das bedeutet, dass fast 40 Prozent der Kirchenmitglieder von unseren Angeboten nicht mehr erfasst werden“, so Henze. „Wir nehmen die Herausforderungen des demografischen Wandels nicht ernst.“
Henze wünscht sich nicht nur mehr neue Angebote wie „Wandertreffs“ oder „Event-Cafés“, die gezielt auf die Ansprüche der Boomer eingehen, sondern auch generationenübergreifende Angebote wie „Wohnzimmergottesdienste“ oder Bastelkreise, in denen Alt und Jung ihren Interessen gemeinsam nachgehen können.
Kirchen-Angebote über die Altersgrenzen hinweg
In der Osnabrücker Nordwestgemeinde scheint dieses Kunststück zu gelingen, das in unserer individualisierten Gesellschaft kaum möglich scheint. „Gemeinde ist Gemeinschaft“, sagt Pastorin Jutta Tloka, die seit 2021 an der Markuskirche tätig ist. Diesen Anspruch umzusetzen gelinge zwar nicht immer und oft nur im Ansatz, aber selbst ein umstrittener Klassiker wie der Sonntagsgottesdienst könne Menschen über die Altersgrenzen hinweg verbinden, ist Tloka überzeugt. „Das gelingt besonders dann, wenn der Gottesdienst liturgisch ansprechend und musikalisch etwas aufwändiger gestaltet ist.“ Auch im Popchor der Gemeinde würden sich jüngere und ältere Menschen zusammen engagieren. Überhaupt lasse sich viel über die Musik machen.
Allerdings spürt auch Pastorin Tloka, dass ältere Menschen nicht mehr wie selbstverständlich in die Kirche kommen, wie es einst die heute 80- bis 90-Jährigen taten. „Deswegen kümmern wir uns besonders um die über-60-Jährigen“, sagt sie und setzt dabei neben der generationsübergreifenden Arbeit auf gezielte lebensbiografische Angebote wie Gottesdienste mit Pop- und Rockmusik. Daneben biete die Gemeinde auch gezielt jüngeren Menschen Raum zur Entfaltung.