Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs haben britische Bomben Pforzheim in ein Flammenmeer verwandelt. Der Evangelische Pressedienst hat mit Klara Deecke, Leiterin des Pforzheimer Stadtarchivs, über die tödlichen Flächenbombardements der Kriegsparteien geredet.
epd: Wie bewerten Sie die Zerstörung Pforzheims am 23. Februar 1945 durch die britische Royal Air Force?
Deecke: Für die Stadt und die Menschen, die vom Inferno betroffen waren, war es mit dem Verlust von über 17.600 Leben und der völligen Zerstörung der Innenstadt eine Katastrophe, eine tiefgreifende Zäsur.
Im Kontext des Zweiten Weltkrieges war es schrecklicherweise eine Bombardierung unter vielen, wenn auch die Auswirkungen verheerend waren. Schon 1939 hatte die deutsche Luftwaffe den Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung begonnen und polnische Städte, etwa Warschau, bombardiert. Später folgten englische Städte wie London und Coventry. Die britische Royal Air Force reagierte darauf mit einer Luftkriegsstrategie, in der systematische Flächenbombardements vorgesehen waren. Dabei wurden auch erhebliche Verluste bei der Zivilbevölkerung in Kauf genommen.
epd: Gab es nicht bedeutsamere Ziele als Pforzheim?
Deecke: Viele deutsche Großstädte waren zu diesem Zeitpunkt schon stark zerstört. Die Westalliierten standen kurz vor der Überquerung des Rheins, im Osten rückte die Rote Armee vor. Doch trotz der militärischen Lage kapitulierte NS-Deutschland nicht. Ab dem Winter 1944/45 griffen die Alliierten vermehrt auch bislang größtenteils unzerstörte Mittelstädte an. So verzeichnete Freiburg bei einem Angriff im November 1944 fast 3.000 Tote, in Heilbronn starben im Bombenhagel und Feuersturm im Dezember 1944 mehr als 6.500 Menschen. Im März 1945 wurde Bruchsal bombardiert und weitgehend zerstört, mit etwa 1.000 Todesopfern.
epd: Nach welchen Kriterien tauchte Pforzheim auf den Ziellisten für Bombardierungen auf?
Deecke: Pforzheim wurde seit 1943 als kriegswichtiges mögliches Ziel eines Luftangriffs genannt. Unter anderem wegen der Zünder- und Rüstungsproduktion der auf Kriegswirtschaft umgestellten Schmuck- und Uhrenindustrie. Im November 1944 wurde Pforzheim als Bahnzentrum an der Hauptbahnlinie Stuttgart – Karlsruhe zum potenziellen Flächenangriffsziel bestimmt. Am 8. Februar 1945 wurde Pforzheim zusammen mit 16 weiteren Städten, darunter Mannheim, Ludwigshafen und Worms, auf die gültige Flächenangriffszielliste gesetzt. Aus ihr wurden Städte gewählt, die bombardiert wurden, wenn Angriffe auf vorrangige Ziele – zu dieser Zeit Transportanlagen, Treibstoffziele oder Städte in Mittel- und Ostdeutschland – nicht möglich waren. Am 23. Februar war dies so und Pforzheim wurde Angriffsziel. (0360/17.02.2025)