Nach der Veröffentlichung der ersten Teilstudie zu Missbrauchsfällen im katholischen Bistum Speyer hat Bischof Karl-Heinz Wiesemann am Freitag die Betroffenen um Vergebung gebeten. „Ich schäme mich persönlich und stelle mich meiner Verantwortung für alles, was durch mich oder unter meiner Leitung geschehen ist oder unterlassen wurde“, sagte er in einer Stellungnahme zu den Erkenntnissen der Mannheimer Historikerin Sylvia Schraut. Wiesemann sprach von „himmelschreiendem Unrecht“, das gerade in kirchlichen Heimen geschehen sei.
Vor dem Hintergrund eines überhöhten Amtsverständnisses, der Tabuisierung von Missbrauch in der katholischen Kirche und den damit verbundenen „verhängnisvollen Schweigespiralen“ habe er den kirchlichen Reformprozess „Synodaler Weg“ in Deutschland mit angestoßen, sagte der Bischof. „Wir wollen alles tun, damit unsere Kirche ein sicherer Ort für alle ist“, betonte er.
Auch Generalvikar Markus Magin entschuldigte sich bei den Betroffen für das Leid, das ihnen zugefügt wurde. Die ersten Schritte der 2024 erarbeiteten verbindlichen Leitlinien für eine Gedenkkultur im Bistum Speyer seien inzwischen getan. Von der Kirche verliehene Ehrungen seien den Tätern beispielsweise mittlerweile schriftlich aberkannt worden, berichtete Magin. Der Generalvikar kündigte die zeitnahe Errichtung eines Mahnmals an die Missbrauchsgeschehnisse im Bistum Speyer an.
Ordinariats-Personalchefin Christine Lambrich versprach Präventionsmaßnahmen, schnelles Eingreifen bei Verdachtsfällen und Aufarbeitung. Sie richtete den Blick auf „missbrauchsbegünstigende Strukturen“, die es zu zerschlagen gelte. „Alle geistlichen und weltlichen Mitarbeitenden sowie ehrenamtlich Tätigen im Bistum werden seit 2022 in Präventionsarbeit geschult“, erklärte sie. Lambrich bestätigte die Kritik des Historiker-Teams an einer „besonders desolaten Aktenlage in Speyer“, der mit klaren Normen begegnet werde. Die Führungsaufsicht für Kleriker regele seit Neuestem Zuständigkeiten und Verfahren der verhängten Auflagen und Strafen.
Der Vorsitzende des Betroffenenbeirats für das Bistum Speyer, Bernd Held, begrüßte die jetzt vorliegende Teilstudie und sicherte seine Mitarbeit an dem bis 2027 vorzulegenden zweiten Teil zu. Er wünschte sich eine schnellere Kommunikation zwischen Beirat, Aufarbeitungskommission und Bistumsleitung.
Die am Donnerstag veröffentlichte Teilstudie zum Missbrauchsgeschehen geht für den Zeitraum zwischen 1946 und 2023 von 109 im Bistum beschäftigten Klerikern aus, die des sexuellen Missbrauchs beschuldigt oder überführt worden seien. Hinzu kämen weitere 41 beschuldigte Angestellte, Ehrenamtliche und Ordensleute. Vor allem katholische Kinderheime und Internate mit ihren strengen Hierarchien und autoritären Erziehungskonzepten seien lange Zeit „Hotspots des sexuellen Missbrauchs“ gewesen, heißt es in dem Bericht. Im Bistum Speyer sei in den 1950er und 1960er Jahren eine „Reihe von hohen Amtsträgern und Heimleitern in das Missbrauchsgeschehen verwickelt“ gewesen.