Hamburg. Bischof Tilman Jeremias hat den Vorwurf zurückgewiesen, die Kirche sei in der Corona-Pandemie gesellschaftlich bedeutungslos. Es sei vielleicht gerade die Stärke der Kirche, “sich weniger als marktschreierische Welterklärerin zu gerieren denn als hilfsbereite Begleiterin verunsicherter oder kranker Menschen”, schreibt Jeremias in einem Gastbeitrag in der “Zeit”-Beilage “Christ und Welt”.
Vielleicht werde die Kirche gerade kritisiert, weil sie zurückhaltender und leiser agiere als Politik und Wissenschaft und sich ihr Wirken oftmals eher im Nahbereich abspiele, schreibt Jeremias, der als Bischof der Nordkirche zuständig für den Sprengel Mecklenburg und Pommern ist.
Gute Netzwerke
Der Theologe setzt sich in dem Beitrag mit drei Vorwürfen auseinander. Die Kirche werde zum einen dafür kritisiert, die Einschränkungen der Religionsfreiheit während der ersten Phase der Corona-Pandemie klaglos hingenommen zu haben. Als zweites werde ihr vorgeworfen, dass sie ihre Systemrelevanz nicht plausibiliere. Drittens lese man öfter, es fehle eine theologische Erklärung für den Sinn der Pandemie.

Es sei “äußerst schmerzhaft” gewesen, in der Karwoche und an Ostern keine Gottesdienste mit Gemeindebeteiligung zu feiern, aber man habe die Schwächsten schützen wollen und ein Ansteckungsrisiko vermeiden, erläutert Jeremias. Zudem zeige sich oft in der Arbeit der Kirchengemeinden, dass sie über ein gutes Netzwerk verfügten, um Hilfe zu leisten. Es hätten sich viele kreative Formen der Beziehungsaufnahme entwickelt, resümiert der Bischof. Aber das alles könne auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass kirchliche Arbeit im Wesentlichen von Begegnungen lebe und unter Kontaktbeschränkungen leide.