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Bischöfin: Genau hinhören, was Betroffene von sexueller Gewalt sagen

Die badische evangelische Bischöfin Heike Springhart fordert, die Betroffenen von sexueller Gewalt in der Kirche stärker als bisher wahrzunehmen. „Wir müssen uns auf allen Ebenen fragen, was haben die Betroffenen uns zu sagen“, sagte Springhart am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dies sei eine Frage der Haltung.

Hier habe die Kirche als Institution versagt. Zu lange sei der Umgang mit sexualisierter Gewalt auch in der badischen Landeskirche und ihrer Diakonie „von Versagen und Wegsehen geprägt“ gewesen. Die evangelische Theologin sprach sich dafür aus, die Prävention zu verstärken und Schutzkonzepte zu entwickeln.

Nach einer am Donnerstag vorgestellten übergreifenden Studie zu sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gibt es weit mehr Opfer sexualisierter Gewalt als bislang bekannt. Springhart zeigte sich erschüttert von Berichten, wonach Betroffene sexueller Gewalt von Kirchenverantwortlichen aufgefordert worden seien, die Taten schnell zu vergeben. Das bezeichnete sie als „Hohn“ und theologisch nicht haltbar: „Es gibt keine Pflicht zur Vergebung.“

Die Schritte, dass sich Betroffene bei der Kirche meldeten, seien zu weit. „Das muss sich ändern“, sagte die Bischöfin. Das Dunkelfeld sei sehr groß. Durch die Arbeit einer neuen unabhängigen regionalen Aufarbeitungskommission erwartet sie das Bekanntwerden weiterer Fälle auch in Baden. Auch die Personalakten der Landeskirche müssten weiter ausgewertet werden.

In der ForuM-Studie ist von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern in deutschen Landeskirchen die Rede. Die badische Landeskirche hatte 88 Beschuldigte und 178 betroffene Personen anonymisiert an den Forschungsverbund gemeldet.(0200/25.01.2024)