Menschen, die sich freiwillig in einen Container stecken lassen, um rund um die Uhr gefilmt und beobachtet zu werden – vor 25 Jahren ging das Reality-TV-Format Big Brother an den Start. Man hätte die Sendung auch nennen können: Der liebe Gott sieht alles. Nur, dass in diesem Fall die Zuschauerinnen und Zuschauer den lieben Gott spielen durften. Es war ein riesiger Tabu-Bruch, der Folgen haben sollte. Denn was vor 25 Jahren für einen großen Aufschrei sorgte, darüber können die meisten heute nur müde lächeln.
Big Brother war erst der Anfang: Social Media ist Selbstdarstellung pur
Ein „menschenverachtendes Experiment“ nannten es Kritiker. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) forderte ein Verbot, die Bundesregierung nannte die Sendung „skandalös“ und selbst für die Bild-Zeitung war es „Pfui-TV“. Die Kandidaten waren für die Kritiker Opfer – das sieht heute anders aus.

„Big Brother“ war nur der Anfang: Die Grenzen der öffentlichen Selbstdarstellung und auch des guten Geschmacks haben sich seither immer weiter verschoben. Wenn man eine Sache nur lange genug wiederholt, wird sie eben irgendwann normal. Nicht nur das Fernsehen, vor allem Social Media ist zur Plattform der öffentlichen Entblößung geworden. Kaum etwas, was die Menschen nicht öffentlich teilen, sodass andere sich daran ergötzen und es – ebenso öffentlich – kritisieren oder bejubeln können.
Social Media hat oft wenig mit der Realität zu tun
Über Geschmack lässt sich streiten, auch bei Fernsehen und Social Media. Und was die Menschen von sich irgendwo teilen, bleibt ihnen überlassen. Entgegen des Ausdrucks „Reality-TV“ sind diese Formate vieles, aber keine Realität. Was real ist, sind die Menschen, die hinter vielen Profilen stecken. Und so sollten wir beim Bewerten oder Kommentieren von anderen unsere eigene Menschlichkeit nicht vergessen.