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Berliner Erzbischof sagt im Kölner Schmerzensgeldprozess aus

Zwei Klagen und ein prominenter Zeuge vor Gericht: Es geht um hohe Schmerzensgeldforderungen gegen das Erzbistum Köln. Urteile sollen in den nächsten Wochen fallen.

Das Kölner Landgericht hat am Dienstag die Klagen von zwei Missbrauchsbetroffenen gegen das Erzbistum Köln verhandelt. Sie fordern jeweils mehr als 800.000 Euro Schmerzensgeld. In einem der Verfahren sagten der Berliner Erzbischof Heiner Koch und zwei weitere Geistliche als Zeugen aus. In dem Fall geht es um eine Frau, die einen Priester als Pflegevater hatte und von ihm über Jahre teils schwer missbraucht wurde.

Die geladenen Geistlichen sollten zur Klärung der Frage beitragen, ob jemand aus dem kirchlichen Umfeld von den Taten des 2022 wegen mehrfachen Missbrauchs zu zwölf Jahren Haft verurteilten Priesters hätte wissen können. Ein solches Wissen kann nach Ansicht des Vorsitzenden Richters Dominik Theisen eine Amtshaftung begründen. Koch, der aus dem Erzbistum Köln stammt, und die beiden anderen Geistlichen sagten, dass damals niemand von dem Missbrauch gewusst habe.

Das Gericht ging der Frage nach, ob 1978 und 1979 Bewohner des Kölner Priesterseminars wussten, dass die Betroffene und ihr Ziehbruder in dem Gebäude regelmäßig übernachteten und die Betroffene dort ein Zimmer mit ihrem Pflegevater teilte. Erzbischof Koch erklärte, sich nicht an die Kinder erinnern zu können und dementsprechend auch nicht an Übernachtungen. Dem schloss sich ein weiterer Zeuge an.

Die Beweisaufnahme drehte sich zudem um die Zeit der Kinder mit ihrem Pflegevater in einem Pfarrhaus in Alfter bei Bonn. Die Betroffene und ihr Ziehbruder hatten ausgesagt, damals habe ein Pfarrer im ersten Stock gewohnt, während der Täter als Diakon mit ihnen im zweiten Obergeschoss untergebracht gewesen sei. Dort habe der Junge ein eigenes Zimmer gehabt, während der Täter und die Betroffene sich einen Raum geteilt hätten. Zudem berichtete der Bruder, ihr Pflegevater sei mit seiner Ziehschwester in der Sauna des Hauses gewesen.

Der als Zeuge geladene Priester, der zu dieser Zeit die Wohnung im ersten Stock bewohnt hatte, gab an, davon nichts mitbekommen zu haben. Auch habe er nichts von der Zimmersituation gewusst und es nicht als seine Verantwortung gesehen, die Wohnung des Diakons zu kontrollieren.

Laut Gericht muss das Erzbistum in dem Fall nur dann haften, wenn der Täter oder andere Kirchenvertreter ihre Amtspflicht verletzt haben. In einem Beweisbeschluss hatte es bereits deutlich gemacht, dass sich eine mögliche Amtshaftung nicht auf den privaten Bereich, zu dem das Pflegeverhältnis zählt, beziehe. Ein Urteil kündigte das Gericht für den 6. Mai an.

Das Landgericht verhandelte am Dienstag eine weitere Schmerzensgeldklage. In dem Fall fordert eine Frau 830.000 Euro vom Erzbistum. Sie wurde nach eigenen Angaben in den 1990er Jahren als Kind von ihrem Messdiener-Gruppenleiter missbraucht. Das Gericht machte deutlich, dass das Erzbistum in Missbrauchsfällen nicht nur für Priester hafte, sondern auch für ehrenamtliche Messdiener. Deren Tätigkeit betreffe den Kernbereich der Gemeinde und damit des Erzbistums, das als Verwaltungsstruktur dahinterstehe.

In der Verhandlung gab die Klägerseite an, dass die Betroffene über vier bis fünf Jahre beinahe jeden Mittwoch missbraucht worden sei. Die Bistumsseite betonte dagegen, von dieser Häufigkeit der Missbrauchs keine Kenntnisse zu haben. Das Gericht wies darauf hin, dass in dieser Frage eine strenge Beweispflicht gelte. Zwar sei der mutmaßliche Täter strafrechtlich bereits verurteilt worden, allerdings nur für vier Fälle. Und lediglich zwei davon hätten im kirchlichen Kontext stattgefunden. In diesem Fall will das Gericht am 29. April ein Urteil verkünden.