Wegen des russischen Angriffskriegs unterstützt Europa derzeit verstärkt die Ukraine. Im Mittleren Osten, in Afrika und in anderen Teilen der Welt führt das zu Problemen, wie ein Expertenbericht deutlich macht.
Der Ukrainekrieg und Europas Umgang damit verstärken nach Ansicht von Experten Konflikte in anderen Weltregionen. Der Krieg trage in vielen Ländern dazu bei, dass sich bereits bestehende Krisen weiter zuspitzten, heißt es in einem Bericht, den die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung und die Friedrich-Ebert-Stiftung am Mittwoch in Hamburg veröffentlichten. Das gelte sowohl für lokale Gewalt als auch für die Folgen von wirtschaftlichen Ungleichheiten, der Klimakrise und der Pandemie. Viele Länder im Mittleren Osten und in Afrika litten etwa unter dem großen Anstieg der Lebensmittel-, Öl- und Gaspreise.
Der Bericht befasst sich mit der Frage: Wie blicken Länder, in denen es Konflikte gibt oder gab, auf die Folgen des Ukrainekriegs und die sich verändernde Weltordnung. Er stützt sich auf Beiträge von 13 Wissenschaftlern, Aktivisten und Politikern aus Bosnien Herzegowina, Indien, Kolumbien, dem Südsudan und weiteren Staaten. Verfasst wurde er von Friedens- und Konfliktforscherinnen der beiden Stiftungen.
Dem Bericht zufolge lässt der Ukrainekrieg andere Konflikte wie in Afghanistan und Syrien noch stärker aus dem Blick geraten als zuvor. “Dadurch haben sich die bereits bestehende Gebermüdigkeit sowie Finanzierungslücken in vielen Regionen weiter verschärft.” In vielen Konfliktländern sei der Eindruck entstanden, sie hätten den Preis für Europas Unterstützung der Ukraine zu zahlen. “Das ist ein Brandbeschleuniger für Debatten über die mangelnde Verlässlichkeit Europas.”
Die Autorinnen appellieren, Europa müsse seine oft bevormundende Haltung aufgeben. Prinzipien wie die Stärkung lokaler Eigenverantwortung in anderen Weltregionen dürften nicht nur reine Lippenbekenntnisse bleiben.
Von den europäischen Politikern fordern die Expertinnen, sich nicht nur auf ihre Fachbereiche zu fixieren, sondern ressortübergreifend zu denken. Dabei müssten auch strukturelle Konfliktursachen umfassender als bislang in den Blick genommen werden. Ausgaben müssten nicht nur an kurz-, sondern auch an langfristigen Zielen ausgerichtet werden. Auch sollten europäische Entscheider mindestens sicherstellen, dass die Finanzierungslücken in anderen Weltregionen durch die Unterstützung der Ukraine nicht noch größer werden. Zugleich betont der Bericht an mehreren Stellen, dass Europas Unterstützung für die Ukraine legitim sei.