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Behinderung: 30 Jahre Benachteiligungsverbot im Grundgesetz

Vor 30 Jahren wurde der Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ in den Artikel 3 des Grundgesetzes aufgenommen. Er gilt seit dem 15. November 1994. Die Behindertenrechtsbewegung hatte die Erweiterung des Artikels 3 im Rahmen der Grundgesetz-Reform nach der Wiedervereinigung durchgesetzt.

In der Folge besserte sich die rechtliche Stellung von Menschen mit Behinderungen durch Gleichstellungs- oder Teilhabegesetze auf Bundes- und Länderebene. Während der Corona-Pandemie urteilte das Bundesverfassungsgericht in seiner Triage-Entscheidung, dass der Gesetzgeber aktiv werden muss, wenn Menschen mit einer Behinderung bei der Zuteilung knapper medizinischer Behandlungsmöglichkeiten benachteiligt werden könnten.

Obwohl Deutschland sich nach der UN-Behindertenrechtskonvention zur Barrierefreiheit verpflichtet hat, hinkt die Praxis dem Recht hinterher. Ärztliche Praxen, Kinos, Internet-Seiten, Online-Shops, Bahnsteige, Züge, selbst Ämter sind für Menschen mit Behinderungen gelegentlich nicht zugänglich, obwohl Behörden zur Barrierefreiheit verpflichtet sind. Große Defizite haben die Vereinten Nationen zudem bei der Schulbildung und auf dem Arbeitsmarkt festgestellt.

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP will grundsätzlich auch die Privatwirtschaft zur Barrierefreiheit verpflichten und dafür das Behindertengleichstellungsgesetz reformieren. Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) hat seinen Entwurf inzwischen in die regierungsinterne Abstimmung gegeben. In Deutschland leben insgesamt rund 13 Millionen Menschen mit einer Beeinträchtigung, rund acht Millionen mit einer schweren Behinderung.